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Schelmenroman: Würde und Verblödung

"Männerliteratur“, die auch weibliche Leser bestens unterhalten kann: Stefan Wimmers Roman "Der König von Mexiko“ ist auch nach über 300 Seiten noch quicklebendig.

Es soll die beste aller Unterwelten sein, das Paradies des aztekischen Regengottes Tlaloc. Aber nur wer in einem flüssigen Medium umkommt, hat reelle Chancen, eingelassen zu werden. So erklärt sich die hohe Motivation des DAAD-Stipendiaten und freien Journalisten Ingo Falkenhorst, mit Hilfe unzähliger Tequilas und Aquavits das verheißungsvolle Tor zu durchschreiten.

Zum Glück für den Leser ist „Der König von Mexiko“ dank seines Autors Stefan Wimmer auch nach über 300 Seiten noch quicklebendig, mag Falkenhorst zuletzt auch in Ermangelung anregender Gesellschaft mit seinem Duschkopf sprechen. Die Zeit in Mexiko City (Tequila und Prügeleien, schöne Frauen, Massenmorde), das Jahr beim Münchener „Busenmagazin mit dem Pudelkopf“ (Aquavit und lauter stille „Fragen rund um Chefs, Würde und Weltverblödung“) und am Ende die Arbeitslosigkeit (die SMS-Nachricht „Hallo, hier ist Augstein! Halten Sie durch, ich box’ Sie hier raus!“ kam leider bloß von einem Kollegen) haben ihre Spuren hinterlassen.

Doch Falkenhorst, der ernsthaft glaubt, von Exfreundinnen wegen seiner „Schönheit und Ausstrahlung“ mit der Hauptfigur von „Leaving Las Vegas“ verglichen zu werden, vereint in sich trotz des ausschweifenden Genusses von Alkohol, Kokain und psychotropen Pilzen ein unzerstörbares Überlebensinstrumentarium aus Intelligenz, Bescheidenheit, Größenwahn und Selbstironie. Das lachende Auge des Verlierers lässt ihn bei aller burschigen, weder immer ernst noch jemals böse gemeinten TestosteronGesteuertheit sympathisch bleiben.

„Der König von Mexiko“ ist nach dem Geschichtenband „Die 120 Tage von Tulúm“ der erste Roman des Reportage-Journalisten Wimmer, der sich selbst nicht ganz zu Unrecht als Nachfolger von Jörg Fauser und Hunter S. Thompson betrachtet. Auch Fans von Tom Robbins und Richard Brautigan dürften bei den aberwitzigen Abenteuern in diesem Schelmenroman auf ihre Kosten kommen. Die Sprache ist fantasievoll und fröhlich politisch unkorrekt, der Stil leichtfüßig und die Situationskomik filmreif: Wimmer war in Mexiko City Produzent für den ORF. Als Falkenhorst teilt er Seitenhiebe auf Politiker, Pop-Kulturelle und das Medienkarussell aus. Gerade die teils wohl ebenfalls autobiografisch inspirierten Geschichten aus der Redaktion des Münchner „Spielbuben“-Magazins machen Spaß: Das ist „Männerliteratur“, die auch weibliche Leser bestens unterhalten kann. Eva Kalwa

Stefan Wimmer: Der König von Mexiko. Roman. Eichborn Verlag, Berlin 2008. 313 Seiten, 19,95 €.

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