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Literatur: Schneller als die CIA

Matt Whymans Politthriller „Goldstrike“ handelt von einem Hacker, der zwischen die Fronten gerät

Matt Whyman versteht sich auf spannungsgeladene Thriller mit politischem Hintergrund. In „Inside the Cage“ erzählt er temporeich die Geschichte des jungen, übertalentierten Hackers Carl Hobbes, der es von zu Hause aus geschafft hat, den Code des Goldbarrentresors von Fort Knox zu knacken. Ein Alptraum für die Amerikaner. Als sie ihm auf die Schliche kommen, laden sie ihn ein, mit nach Camp Twilight auf Spitzbergen zu kommen, wo er dann schließlich in einem Gefangenenlager für Terroristen landet. Von dort gelingt ihm unter abenteuerlichen Umständen die Flucht.

Davon erzählt spannend der neue Band „Goldstrike“, der auch unabhängig vom ersten Band gelesen werden kann. Temporeich wie in einem modernen Action-Thriller schneidet Whyman kurze Szenen gegeneinander. Da wird ein junger Mann durch die Straßen von Sana’a in der Republik Jemen gejagt. Drei westlich aussehende Männer sind ihm auf der Spur durch die Gassen der Altstadt. Eine Jagd, die sich plötzlich am Computer des Hoteltresens verliert.

Die nächste Szene spielt 16 Tage später in Montevideo in einem Casino. Ein junger Mann wirft mit Geld um sich und gerät ins Visier der CIA-Agenten. Was sich wie das Ende einer gelungenen Jagd anhört, gerät endlich zum Fiasko, wie das nächste Kapitel zeigt, das in der CIA-Zentrale in Fairfax County, Virginia, spielt. Hobbes war es gelungen, seine Identität auf einen Unschuldigen zu lenken, der von der CIA erschossen wurde. Die Beraterin des Präsidenten ist nicht amüsiert, die Talente von Carl Hobbes beunruhigen die Sicherheitsbehörden – deswegen hätte man ihn gerne lebendig. Seine Talente sind mehr als Gold wert – sie sind bedeutend für die nationale Sicherheit.

So weit das Vorspiel zu Whymans zunächst packendem Thriller. Man staunt über die technischen Fähigkeiten des 17-jährigen Hackers Carl Hobbes, der sich wegen seines Leichtsinns und seiner Neugier in Lebensgefahr begeben hat. Hacken von Sicherheitssystemen von Behörden etc. ist kein Kinderspiel. Jeder Hacker hinterlässt irgendwie eine Spur im Netz. Gerade im Verschleiern dieser Spuren ist Hobbes äußerst talentiert, denn er weiß, dass sich Organisationen immer mehr auf elektronische Informationen verlassen.

Whyman wechselt die Perspektive und lässt Hobbes erzählen, wie er schließlich bei einem Hochsicherheitslager für wertvolle Frachtgüter einen Nachtwächterjob bekommen will. Bewerbungen erfolgen elektronisch, Personalakten und Lebensläufe sind elektronisch. Hobbes versteht es, diese Informationen zu fälschen, Nachforschungen zu kanalisieren, kurzum, die für ihn relevanten Computer zu manipulieren.

Allmählich schwirrt einem der Kopf ob der phänomenalen Möglichkeiten, die dieser Junge besitzt. Doch zunächst begeistert Whyman mit der Schilderung von Sphinx Cargo, jenem Lager von hochbrisanten Wertgegenständen und Gefahrgütern, die von einem Supercomputer verteidigt werden. Hobbes Plan ist es, in diesem Lager arbeiten zu dürfen, um schließlich Zugang zum Computer zu bekommen, um ihn für seine Zwecke zu benutzen. Wenn Hobbes sich selbst als zu schützendes Frachtgut deklarieren kann, wird der Supercomputer Cleopatra ihn vor Verfolgung schützen, indem er ihn immer mit der rechten Information versieht.

Natürlich hat Hobbes die Rechnung ohne die Killerin von Al-Qaida gemacht, die den Tod von Mitgefangenen beim Ausbruch von Spitzbergen rächen will. Hobbes gerät mit seiner Freundin Beth, einer genialen Goldbarrendiebin, zwischen die Fronten. Es kommt zu einem unglaublichen Showdown, der sich leider immer mehr im technischen Wirrwarr des Systems verliert. Darin liegt am Ende die Schwäche des Buches, das Vorstellungsvermögen des Lesers wird arg strapaziert. Aber Whyman stellt die richtigen Fragen nach der Sicherheit in einer Welt, die immer mehr von Bits und Bytes abhängt, die undurchdringlich scheint, in der aber zum Glück der menschliche Faktor noch immer zählt.

Matt Whyman: Goldstrike. Aus dem Englischen übertragen von Michael Kohlhammer. Reihe 21st Century Thrill. Kosmos, Stuttgart 2010. 276 Seiten. 12,95 Euro. Ab zwölf Jahren

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