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SCHREIB Waren: Ja, ich bin traumatisiert

Andreas Schäfer über die Wunden der Schriftsteller.

Seit Mitte Januar erscheinen die Novitäten des Frühjahrs, die auf diversen Buchpremieren vorgestellt werden. Doch eigentlich beginnt der Lesefrühling in Berlin erst in dieser Woche, mit dem sogenannten „Saisonauftakt“ im Literarischen Colloquium, bei dem – wenige Tage bevor sich die Berliner Autorenschaft nach Leipzig aufmacht – auch in Berlin so etwas wie ein Buchmessengefühl einstellt (Am Sandwerder 5, 20 Uhr). An diesem Donnerstag, 11.3., liest dort Jörg-Uwe Albig aus „Berlin Palace“, einem Zukunftsszenario, in dem Asiaten im Rotkäppchenkostüm eine Rolle spielen . Der Journalist Andreas Bernard stellt seinen ersten Roman, „Vorn“, vor, in dem es um einen Journalisten geht, der bei einem Münchner Jugendmagazin anheuert, seine Freundin ab- und einen schicken Anzug anlegt. In Ulrike Draesners Roman „Vorliebe“ gerät die halbindische Astrophysikerin Harriet in ein Liebeslabyrinth. Kristof Magnusson erzählt in „Das war ich nicht“ von den Verwirrungen eines schreibgelähmten Großautors, einer Übersetzerin und eines Investmentbankers. Schließlich geht Iris Hanika in „Das Eigentliche“ der Frage nach, welche absurden Formen das institutionelle Gedenken an die NS-Verbrechen annehmen kann.

Ebenfalls am Donnerstag stellt die Theater- und Prosaautorin Kathrin Röggla im Literaturhaus ihr neues Buch „die alarmbereiten“ vor (Fasanenstraße 23, 20 Uhr). Wie der Titel vermuten lässt, geht es darin um die Lust und die Qual eines Lebens in Dauererregung. Apropos Medienhysterie. 1976 veröffentliche Martin Walser den Roman „Jenseits der Liebe“, den Marcel Reich-Ranicki damals so vehement verriss, dass die Wunde in Walser offenbar noch heute offen ist. In diesen Tagen erscheint nun ein Walser-Band mit Tagebüchern, der über Walsers Rachefantasien Auskunft gibt. „Ja, ich bin traumatisiert“, bekannte er kürzlich in einer Fernsehsendung. Mit der Veröffentlichung des Schmerzprotokolls verbinde er auch den Wunsch, von der Kritik heute verstanden zu werden. „Ich bin in dieser Hinsicht ganz naiv“, sagte Walser noch. Am Montag, den 15.3., stellt er sein Buch im Berliner Ensemble vor (Bertolt-Brecht-Platz 1, 20 Uhr).

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