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Literatur: Tagelang zur Schule unterwegs Ein Massai erzählt von seinem Aufstieg

Joseph Lemasolai Lekuton ist Massai, aufgewachsen im Nomadendorf seiner Eltern im Norden Kenias. Er ist der Einzige aus seiner Familie, der eine Schule besucht, auch wenn der Weg zu ihr nicht leicht zu bewältigen ist.

Joseph Lemasolai Lekuton ist Massai, aufgewachsen im Nomadendorf seiner Eltern im Norden Kenias. Er ist der Einzige aus seiner Familie, der eine Schule besucht, auch wenn der Weg zu ihr nicht leicht zu bewältigen ist. Abhängig vom jeweiligen Standort des Dorfes, das sich nach den Weideflächen für die Rinder richtet, ist Joseph manchmal tagelang unterwegs, um die Schule zu erreichen. Und hin und wieder muss er sich auf dem Rückweg auch auf die Suche nach seinem Dorf machen, das in der Zwischenzeit weitergezogen ist. Doch die Schulbildung ist dem Jungen so wichtig, dass er die Unbilden der langen und einsamen Wanderungen gern in Kauf nimmt. Lesen und Schreiben lernen reicht Joseph allerdings nicht, er will weiter lernen, studieren und später andere Menschen unterrichten. Einerseits. Andererseits liebt er seine Familie und seine Heimat, liebt die einsamen Tage beim Hüten des Viehs und den Kampf gegen die Natur. Und selbst wenn er „seinen“ Löwen nicht erlegt, so ist die Begegnung mit ihm ein wichtiger Bezugspunkt in seinem Leben. Nach der Grundschule scheint der Weg zu Ende, die weiterführende Schule in der noch weiter entfernten Stadt liegt außerhalb der finanziellen Möglichkeiten der Familie. Ein Fußballspiel, in dem Joseph den unmöglich erscheinenden Sieg zum Schluss noch für die eigene Schulmannschaft einholt, öffnen ihm schließlich die Tore bis zur Universität.

„Facing the Lion“ ist eine Autobiografie – und es ist weit mehr als das: Es ist ein schmaler Band, der auch dem europäischen Leser nahe bringt, was es heißt, ein Massai zu sein. Joseph Lemasolai Lekuton erzählt von seinen Hoffnungen und seinen Träumen – und von der Zerrissenheit des jungen Massai, der zwischen zwei Welten wandert und auf beide nicht verzichten möchte. Möglich war sein Weg in die westliche Zivilisation nur, weil ihm viele Menschen zur Seite gestanden haben. Nach seinem Abschluss an der High School in Nakuru/Kenya verkaufte sein Dorf Rinder, um ihm ein Flugticket in die USA zu schenken, damit er dort an der St. Lawrence University und in Harvard studieren konnte. Er wurde Lehrer für Sozialkunde und 2006 Abgeordneter im kenianischen Parlament. Das erste selbst verdiente Geld investiert er in eine Rinderherde für seine Mutter. Von seiner ungewöhnlichen Lebensgeschichte beeindruckt, überredeten Freunde ihn, die Erlebnisse seiner Kindheit und Jugend aufzuschreiben.

Auch wenn dieses Buch sicherlich keine Literaturpreise gewinnen wird und die Sprache manchmal spröde daher- kommt: „Facing the Lion“ ist eine humorvolle und augenzwinkernde Liebeserklärung an die Familie und den Nomadenstamm, an die afrikanische Heimat, die Landschaft und die Kultur. Eine hinreißende Autobiografie, die der Leser erst wieder aus den Händen legt, wenn er auf der letzten Seite angekommen ist. Nicht nur für interessierte Jugendliche empfehlenswert. Simone Leinkauf







Joseph Leasolai

Lekuton:
Facing the Lion. Peter Hammer Verlag, Wuppertal 2007. 136 Seiten. Zwölf Euro. Ab zwölf Jahren.

Simone Leinkauf

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