zum Hauptinhalt

Literaturbetriebskolumne: Hart und erfolgreich

Wie Bücher von Bodo Kirchhoff, Richard Ford oder David Mitchell zu dauerhaften Bestsellern werden: Über den wichtigsten Effekt der neu eingeführten Paperback-Bestsellerliste.

Bei einem Blick auf die Bestsellerlisten stutzt man neuerdings etwas und fragt sich: Wo ist eigentlich Jonas Jonasson hin mit seinem Supererfolgsroman „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“? An den hatte man sich so gewöhnt (Ach Gott, und immer noch nicht gelesen!), und dann ist er aus der Liste gestiegen und verschwunden. Aber nicht, weil er sich nicht mehr verkaufen würde: Tatsächlich gibt es jetzt nicht mehr nur zwei Bestsellerlisten, die der „Spiegel“ mit dem Branchenmagazin „Buchreport“ führt, für Hardcover und Taschenbücher, sondern seit dem 1. Oktober zusätzlich eine Paperbackliste, in der die Titel geführt werden, die branchenintern „Softcover“ genannt werden.

Um „Vereinheitlichung“ und das Abstellen vermeintlicher Irritationen bei Buchkäufern war es den beiden Magazinen gegangen, als sie die Änderung der Listen Anfang dieses Jahres beschlossen. So sind nun neben Jonasson auch Titel wie Jean-Luc Bannalecs „Bretonische Verhältnisse“, die „Shades of Grey“-Reihe oder die ersten drei Krimis von Jussi Adler-Olsen von der Hardcoverliste verschwunden. Sie stehen nun alle einträchtig hintereinander auf der neuen, jeweils zwanzig belletristische Titel und Sachbücher zählenden Paperbackliste (An der Spitze zweimal „Shades Of Grey“ vor Jonasson, weiter hinten die Adler-Olsens).

Einen wichtigen Effekt hat die Einführung dieser dritten Liste schon jetzt. Denn auf einmal sind viel mehr Titel auf der Hardcoverliste vertreten, die man hier nicht unbedingt erwarten würde, schon gar nicht über so viele Wochen, literarischere Titel, wenn man so will. So steht Bodo Kirchhoff mit seinem fulminanten Beziehungsroman „Die Liebe in groben Zügen“ seit neun Wochen in der Bestsellerliste, aktuell auf Platz 34, obwohl er nicht für die Shortlist des Deutschen Buchpreises nominiert worden war. In Zahlen heißt das: Der 670 Seiten dicke Roman ist in der dritten Auflage, 20 000 hat der Verlag davon verkauft.

Noch überraschender als der Erfolg von Kirchhoff ist jener des britischen Schriftstellers David Mitchell, der mit seinem Tausendseiter „Die tausend Herbste des Jacob de Zoet“ einen Platz hinter Kirchhoff steht und sich seit sechs Wochen in der Bestsellerliste hält: ein Abenteuer- und Ideenroman, der im Japan des 18. Jahrhunderts spielt! Davon hat Mitchells deutscher Verlag bislang 30 000 Exemplare ausgeliefert. Wieder eher in der Kirchhoff-Liga angesiedelt ist Richard Ford mit „Kanada“. Dieser Roman ist seit seinem Erscheinen vor zwei Monaten ein Bestseller. Seit acht Wochen wird er gelistet, aktuell auf Rang 37, bei einer Auflage im angeblich „mittleren fünfstelligen Bereich“, so der Verlag. Auch Don Winslow, den der Suhrkamp-Verlag mit Paperbackausgaben als Bestsellerautor etablierte, ist mit dem jetzt als Hardcover erschienenen Roman „Kings Of Cool“ seit fünf Wochen im Bestsellerrennen (aktuell Platz 42). 35 000 Exemplare will Suhrkamp davon ausgeliefert haben.

Auch Wolf Haas, Jenny Erpenbeck, Juli Zeh, Martin Walser oder Vea Kaiser stehen in den Top 50, und einige von ihnen würden dort vermutlich nicht stehen, zumindest nicht so lange, wenn die Softcover der Jonassons, Adler-Olsens und Bannalecs noch gelistet würden. Auch wenn die Auflagen- und Verkaufszahlen von Kirchhoff, Mitchell oder Winslow natürlich im Vergleich mit den Spitzentiteln eher bescheiden ausfallen: Die aktuelle Nummer eins der Hardcoverliste, Nele Neuhaus’ Krimi „Böser Wolf“, hat bislang eine Auflage von 200 000, zwei Wochen nach Erscheinen; Heinz Buschkowsky liegt bei den Sachbüchern bei 150 000. Und Eckhart von Hirschhausen hat mit seinem Buch „Wohin geht die Liebe, wenn sie durch den Magen durch ist“, Nummer eins der Paperbacks, gar eine Auflage von 300 000, das Buch ist fünf Wochen auf dem Markt. Interessant ist übrigens die große Lücke hinter von Hirschhausen bei den Paperbacksachbüchern: Daniel Brühls Barcelona-Buch ist bislang erst 25 000 mal gedruckt worden, was aber schon Rang vier bedeutet.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false