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Literaturkritik: Fesche Fragen

Norbert Gstrein, 16 Autoren des Schriftsteller-Treffens "Ein Tunnel an der Spree" und Eberhard Lämmert schreiben über den Literaturbetrieb.

Wann und zu welchem Zweck schreibt ein Autor einen Roman über den Literaturbetrieb? Am besten, wir lassen diese Frage hier mal im leeren Raum stehen und etwas wirken …

… eine andere Antwort, die sich sogar fesch anhört, lautet: um das Verhältnis von Wirklichkeit und Fiktion zu beleuchten. Der Österreicher Norbert Gstrein, dessen schöne, atmosphärisch dichte Dorfleben-Novellen „Einer“ und „Anderntags“ noch in guter Erinnerung sind, wechselte vor einigen Jahren von Suhrkamp zum Hanser-Verlag. Jetzt hat er einen Roman geschrieben, der im August erscheinen wird und den schönen Titel „Die ganze Wahrheit“ trägt. Es geht um den Verleger Heinrich Glück, der sich auf das Verlegen von experimentierfreudigen Lyrikerinnen spezialisiert hat. Dann aber lernt er die exzentrische Kathrin kennen und lässt sich scheiden, um mit ihr zusammenzuleben. Mehr und mehr aber ergreift Kathrin von ihm Besitz, sogar bis über seinen Tod hinaus. Also, für Liebhaber des Zaunpfahl-Subtextes: Am Mittwoch, 16. Juni, stellt Norbert Gstrein seine Geschichte vor und spricht mit den Kritikern Kristina Maidt-Zinke und Hubert Winkels und dem Autor Rainer Moritz im Literarischen Colloquium (Am Sandwerder 5, 20 Uhr).

Um besagtes Verhältnis ging es auch beim Schriftsteller-Treffen „Ein Tunnel über der Spree“, bei dem 16 Autoren unter Ausschluss der Öffentlichkeit neue Texte vortrugen und folgende Fragen erörterten: Wie nah ist die deutschsprachige Literatur heute an der Wirklichkeit? Wie viel Wirklichkeit ihr überhaupt zuträglich? In der heutigen öffentlichen Diskussion „Rohstoff des Schreibens – Wirklichkeit und Literatur“ stellen Burkhard Spinnen, Jochen Schimmang, Patrick Hofmann und Katja Lange-Müller neue Projekte vor und berichten von den beiden Tagen (Literarisches Colloquium, 20 Uhr).

„Respekt vor den Poeten“ – so heißt eine Studie des Germanisten Eberhard Lämmert. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts entwickelte sich nicht nur die Genie-Ästhetik. Die Künstler sagten sich auch von der Auftragskunst los – und schreiben seither mit dem Privileg und dem Risiko der Eigenverantwortlichkeit. Lämmert untersuchte diesen Aufstieg zum freischaffenden Schriftsteller und las dabei Werke von Schiller, Brentano, Kafka und den Mann-Brüdern (Zentrum für Literatur- und Kulturforschung. Schützenstraße 18, 16. Juni, 20 Uhr).

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