zum Hauptinhalt

Kultur: Loch und Löcher

Bernhard Schulz über die Vergabe der Hauptstadtkulturmittel Einst war Berlin ein Paradies der Subventionskultur. Wer ein „Projekt“ hatte, stellte einen Antrag – „beim Lotto“, wie jeder Eleve des Kulturbetriebs lässig zu sagen wusste, oder richtiger bei der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin.

Bernhard Schulz über

die Vergabe der Hauptstadtkulturmittel

Einst war Berlin ein Paradies der Subventionskultur. Wer ein „Projekt“ hatte, stellte einen Antrag – „beim Lotto“, wie jeder Eleve des Kulturbetriebs lässig zu sagen wusste, oder richtiger bei der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin. Die hatte ein dank der spielfreudigen Berliner wohl gefülltes Säckel, aus dem sie qua Gesetz schöne und nützliche, oft auch nur schöne Vorhaben und bisweilen nicht einmal solche zu finanzieren pflegte. Nicht zuletzt der Gropius-Bau, so ungeklärt sein Status stets blieb, wurde ein ums andere Mal mit lottofinanzierten Ausstellungen gefüllt.

Die Lottomittel wurden gerupft, die Zeiten der freihändigen Vergabe der Lotto-Gewaltigen sind vorbei. Doch Rettung naht! Jetzt heißt die Adresse „Hauptstadtkulturfonds“. Die Vorsätze waren hehr: Kein Neben-Kulturetat sollte der neue Topf sein, wie ehedem die Lotto-Überschüsse, keine Ergänzungsfinanzierungen bewilligen, um anderenorts Löcher zu stopfen. Jetzt aber wird eine Ausstellung von der Londoner Royal Academy übernommen (siehe Meldung auf dieser Seite) – für den Martin-Gropius-Bau, seit zwei Jahren in Bundesregie, doch immer noch ohne langfristiges Konzept. Die Übernahmekosten sind nicht vollständig gedeckt, 280000 Euro schießt nun der Hauptstadtfonds zu – und Fondsmanagerin Adrienne Goehler gibt zur Erklärung Pressionen des Bundes zu erkennen.

Ging’s um ein Tauschgeschäft? Zur nämlichen Zeit, da die Übernahme der (Presseberichten zufolge höchst verdienstvollen) Londoner Ausstellung verhandelt wurde, stand auch die Weiterreichung der Goodwill-Ausstellung der Dresdener Gemäldegalerie Alter Meister von Berlin an die Royal Academy an. Honi soit qui mal y pense! Mit der erfolgreichen, übrigens ohne einen Pfennig öffentlicher Subventionen auskommenden Royal Academy soll der Gropius-Bau in derselben Liga weltweit vernetzter Ausstellungshäuser spielen: als Berliner Grand Palais sein, wie die Parole vor Jahren lautete, ehe die kombinierte Finanzmisere von Land und Bund die hochfliegenden Pläne zurechtstutzte.

Nun ist man dankbar für jede Übernahme, vergisst auch den beschwichtigenden Zusatz nicht, dass Stücke aus den Berliner Museen die eingekaufte Ausstellung ergänzen. Man erinnert sich an die Afrika-Ausstellung des Frühjahres 1996, die für rund drei Millionen Lotto-Mark von der Royal Academy nach Berlin in den Gropius-Bau übernommen wurde und bereits in London zu gut einem Viertel aus Berliner Leihgaben bestand... Nichts gegen, vielmehr alles für Kulturaustausch – nur darf der Haupstadtkulturfonds nicht als Feuerwehr für unzureichend finanzierte Projekte dienen wie einst der selige Lotto-Topf.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false