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Kultur: Lokalkolorit

"Sounds for Israel" hätte Yehuda Yannay das Konzert elektroakustischer Musik nennen können, das er für das Festival "The Sound of Israel" zusammenstellte und in der Hochschule der Künste präsentierte.Der an der University of Wisconsin-Milwaukee lehrende Komponist wählte nicht weniger als 16 kurze Stücke und Ausschnitte längerer Werke aus dem Pool von Angeboten aus, die er auf seine Internet-Anfrage hin erhielt, und entwickelte tatsächlich eine "Komposition aus anderen Kompositionen, ein Konzept-Konzert" zum fünfzigsten Geburtstag des Staates Israel anstelle einer unvermeidlich nationalistischen Bestandaufnahme jüdischer Musik.

"Sounds for Israel" hätte Yehuda Yannay das Konzert elektroakustischer Musik nennen können, das er für das Festival "The Sound of Israel" zusammenstellte und in der Hochschule der Künste präsentierte.Der an der University of Wisconsin-Milwaukee lehrende Komponist wählte nicht weniger als 16 kurze Stücke und Ausschnitte längerer Werke aus dem Pool von Angeboten aus, die er auf seine Internet-Anfrage hin erhielt, und entwickelte tatsächlich eine "Komposition aus anderen Kompositionen, ein Konzept-Konzert" zum fünfzigsten Geburtstag des Staates Israel anstelle einer unvermeidlich nationalistischen Bestandaufnahme jüdischer Musik.

Natürlich wird die Darbietung kurzer Auszüge bald unbefriedigend, und sie läßt auch kaum eine angemessene ästhetische Würdigung der jeweiligen Werke zu.Dennoch hätten wir nur die wenigsten Stücke vollständig hören wollen.Die mit ihrer banalen Harmoniefolge und dem mit pitch-bending aufgepeppten alten Synthesizer-Sound opportunistisch nach dem Markt schielenden "Passages to Allesandro Groves" von Ryan Ramirez waren da nur die Spitze des Eisberges.Der ans Ende gesetzte "Angelus" von Alejandro Iglesias-Rossi erschreckte ebenfalls mit seinen pathetischen Klangflächen und gewaltigen Donnerschlägen, die zusammen mit einem Vokalisen-Chor von der Erlösung der Welt durch das Volk Israel künden.David Jaffes "Neighborhoods" aus "American Miniatures" wirkte mit seinen folkloristischen computergenerierten Mandolinenklängen ebenso anachronistisch wie Bob Glucks "Yiddish Songs II", eine Collage aus Gesangs- und Sprachaufnahmen, unterlegt mit Instrumentalsamples.Wenig Lob also für die Musik für das Gelobte Land, von der allenfalls die rastlose Studie konkreter Klänge "Chi-pa-boo" von Elsa Justel aufhorchen ließ.str

Das "Centrum Judaicum" an der Oranienburger Straße gleicht beim Abschlußkonzert des Festivals "The sound of Israel" tags darauf einer Festung: Man muß erst allerhand Sicherheitskontrollen passieren, ehe man in den Vortragssaal der Neuen Synagoge gelangt.Doch der Angst steht Freude gegenüber, vermittelt durch Musik: Joseph Dorfman, der an der Universität Mainz Kurse über "Jüdische Komponisten des 20.Jahrhunderts" gehalten hat, hat mit Studenten und Dozenten ein abwechslungsreiches Konzertprogramm erarbeitet.

Abgesehen von Leonard Bernstein, dessen Nocturno "Halil" für Flöte, drei Schlagzeuger und Klavier klanglich sehr ausgewogen und rhythmisch sehr agil erklang, sind die übrigen Komponisten des Programms bei uns so gut wie unbekannt.Oedoen Partos, ein ungarischer Emigrant, gehörte in Israel zu den Begründern des sogenannten "Mittelmeerstils".Auch in seinem Werk "Yzkor" für Viola und Streichorchester fließen uralte orientalische Melodien und Ornamente mit modernen europäischen Elementen zusammen.Ähnlich ruhig, ja fast minimalistisch-meditativ wirkte die 4.Kammersinfonie des Schostakowitsch-Schülers Mieczyslaw Wainberg.Über ostinaten Rhythmen erhebt sich eine Soloklarinette, die von Ferne an den Klang des Klezmer erinnert.Der ist dann fast ungebrochen präsent in der Suite "Hadibuk" von Joel Engel.Engel gehört zur russisch-jüdischen Komponistenschule, die in den zwanziger Jahren Aufsehen erregte, und lebte von 1922 bis 1924 auch in Berlin.Aus dieser Zeit stammt auch seine dramatische Legende "Hadibuk", deren Tänze die jungen Musiker mit viel Verve, deren gebetsartige, ruhige Sätze sie sehr innig vortrugen.Auch wenn den Mainzer Studenten naturgemäß nicht alles so perfekt gelang wie an den Tagen zuvor den Profis, so war das liebevoll einstudierte Programm doch ein würdiger Abschluß dieses Festivals, das die verwirrende Vielfalt jüdischen Komponierens in unserem Jahrhundert aufgezeigt hat.

GREGOR SCHMITZ-STEVENS

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