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Perry Farrell, Gründer des Lollapalooza-Festivals und Mitglied der Band Jane’s Addiction.

© picture alliance / dpa

Lollapalooza-Gründer Perry Farrell: „Kunst ist größer als Politik“

Lollapalooza-Gründer Perry Farrell erzählt im Interview über globalen Sound und seine Pläne für den Nahen Osten.

Perry Farrell, 59, gründete das Lollapalooza-Festival 1991, als Abschiedstournee seiner Band Jane’s Addiction. Das aus Los Angeles stammende Quartett war eine der prägenden Alternative-Rock-Gruppen der Neunziger. Heute ist Farrell „Partner“ der Lollapalooza-Veranstalter, eine Bühne heißt „Perry’s Stage“. Das Festival findet mittlerweile in sieben Ländern statt.

Mister Farrell, mit welcher Intention haben Sie Lollapalooza 1991 gegründet? Und was ist davon noch übrig?

Ich habe mit einem einfachen Traum begonnen: Ich wollte Spaß haben. Die Leute sollten sich aber nicht nur gut unterhalten fühlen, sondern auch über gesellschaftliche Themen austauschen können. Kunst ist größer als Politik. Wahre Künstler versuchen, die Botschaft der Liebe zu verbreiten. Vielleicht erfährt diese Botschaft in den heutigen Zeiten wieder eine größere Wertschätzung. Viele Politiker predigen Hass, Desillusionierung, Spaltung. Unsere Botschaft ist aber das Gegenteil dessen, was unser aktueller US-Präsident verkörpert. Das Allerschönste für mich ist, wenn ich Menschen mit unterschiedlichen Nationalitäten, unterschiedlichen Gesichtern, Jung und Alt, gemeinsam grooven sehe. Ich habe gehört, dass es in Deutschland vor kurzem ein Konzert gegen Faschismus gab und dass Zehntausende gekommen sind …

…. am Montag vergangener Woche in Chemnitz …

… das hat ein Lächeln auf mein Gesicht gezaubert! Das gibt mir Hoffnung. Uns Musikern geht es darum, Grenzen zu überwinden. Einen globalen Sound.

Wie kann ein kommerzielles Musikfestival Dinge ändern?

Als wir 1991 anfingen, wurden wir „alternative“ genannt. Ich liebe diesen Begriff, weil damals auch erstmals über die Erwärmung des Klimas gesprochen wurde und über alternative Energien, die Sonne, den Wind. Mir ist fast egal, wie viel Geld wir verdienen. Mir geht es um den Effekt.

Welchen?

Lollapalooza kann Menschen miteinander verbinden. Ich möchte das Festival überall dorthin bringen, wo die Menschen Musik und Kunst lieben. Das wird das Ziel für den Rest meines Lebens sein. Es gibt überall uncoole Leute, bei mir zuhause, hier bei euch. Man muss sich nur immer daran erinnern: Diese Menschen sind in der Minderheit.

Ihr Festival findet mittlerweile in sieben Ländern statt, dieses Jahr kam Stockholm dazu. Wo soll es noch hingehen?

Ich möchte in den Nahen Osten – Israel, Ägypten, Jordanien, Libanon. Im Moment sieht es in dieser Region sehr düster aus. Aber man darf einfach nie aufgeben.

Sie waren jetzt zum vierten Mal in Berlin, zum vierten Mal an einem anderen Ort. Wie hat Ihnen das Olympiagelände gefallen?

Sehr gut! Und ich habe noch viele Ideen. Man könnte wunderbare Dinge machen, in Kombination aus den Smartphones der Festivalgäste, der großen Anzeigetafel: So etwas wie die Halbzeitshow beim Super Bowl. Wir können noch kreativer sein – und noch besser. Man hat mir gesagt, es habe zu lange gedauert, in den Stadioninnenraum zu kommen. Man muss sich um diese Dinge kümmern, die Probleme lösen.

Bei den bisherigen Lollapaloozas in Berlin lief nicht alles glatt. In Tempelhof gab es zu wenige Toiletten, im Treptower Park gab es Sorgen um die Natur, in Hoppegarten Probleme mit der S-Bahn. Dieses Jahr gab es Beschwerden über einen morgendlichen Soundcheck und den geringen Anteil weiblicher Künstler.

Wirklich? Zu wenige Frauen? Gut zu wissen. Man kann nie genug weibliche Energie haben. Das ist aber ein Problem, das man einfach lösen kann. Toiletten kann man auch immer mehr hinstellen, mit der S-Bahn ist das schwieriger. Ich höre mir alle Meinungen an. Ich fühle mich nicht als Eroberer, sondern als geladener Gast – als Botschafter.

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