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Schwarzer und Schmidt

© dpa

Ludwig-Börne-Preis: Alice Schwarzer erhält Preis für ihre Streitlust

Schlagabtausch oder Verehrung? Bei der Verleihung des Ludwig-Börne-Preises würdigte Laudator Harald Schmidt die Streitlust der Preisträgerin Alice Schwarzer - selbst wenn ihre Themen manchmal nerven könnten, wie er sich ausdrückte. Aufs Korn nahmen beide die jungen selbst ernannten Feministinnen.

"Klarheit und besänftigende Liebe" bescheinigte Entertainer Harald Schmidt Alice Schwarzer, als er ihr in der Frankfurter Paulskirche den Ludwig-Börne-Preis überreichte. Die 65-jährige "Emma"-Gründerin hatte in ihrer Rede eine Entgegnung parat. Wer, wie die Frauen, zum Lieben "verpflichtet" sei, könne es am Ende auch besser. Die Börne-Auszeichnung wird seit 1993 an herausragende Kritiker und Essayisten vergeben, aber wenn der Laudator Harald Schmidt heißt, hat es die Preisträgerin neben ihm schwer. Schwarzer hielt in Frankfurt stand.

TV-Moderator Schmidt nahm sich zurück, so weit es ihm im Rahmen seiner reichlich vorhandenden satirischen Möglichkeiten gelang. Schließlich hatte er selbst die Feministin für den Preis vorgeschlagen. Jedes Jahr ernennt die Börne-Preis-Stiftung traditionell einen neuen alleinigen Juror, der den Empfänger der Auszeichnung bestimmt. Schmidt hatte seine Entscheidung für Schwarzer mit deren "leidenschaftlicher Streitlust" begründet. Auch wenn ihre Themen öfter mal "nerven" könnten, fügte er hinzu.

Niemand braucht "Neuen Feminismus"

Das treffe nicht nur auf Deutschlands prominenteste Feministin zu, fuhr Schmidt fort. Und ergänzte: "Aber nicht jeder, der nervt, hat die Qualitäten von Alice Schwarzer." So wie er einst wegen Willy Brandt in die Politik gegangen sei, "bin ich wegen ihr rein in den Feminismus". Einen "neuen Feminismus" brauche überdies niemand. "Wir bräuchten nur den Elan, den alten durchzusetzen."

Gegen "verwirklichte Frauen", von denen es heute wimmele, packte Schmidt dann die Satirekeule aus. Ohne Charlotte Roche, die Autorin des aktuellen Bestsellers "Feuchtgebiete", namentlich zu nennen, sah er Frauen in zwei Lager gespalten - die "gewaschenen" und "ungewaschenen", die "rasierten" und "unrasierten". Für die "deutsche Frau, die einmal so sauber war, dass man von ihr essen konnte", sei Alice Schwarzer nur noch eine Figur, die sich aus tagespolitischen Fragen herauszuhalten habe, wie heute Franz Beckenbauer aus dem Fußball.

Die Preisträgerin hatte in ihrer anschließenden Rede das gleiche Thema vorbereitet. Auch mit Hilfe der Medien werde eine zweite "Girlie-Welle" inszeniert, kritisierte Schwarzer. Die Vertreterinnen dieses "Wellness-Feminismus" seien keine "Mädels" mehr, sondern erwachsene Frauen. Die "Emma"-Gründerin nahm sich aber auch den Namensgeber des Preises vor, den jüdischen Journalisten und Literaturkritiker Ludwig Börne (1786-1837) aus Frankfurt.

Prostituierte demonstrieren gegen Schwarzer

Mit scharfer Zunge habe er für die "Emanzipation des Volks und der Juden" gekämpft. "Nur Frauen gehörten nicht dazu", sagte Schwarzer. "Der Geist des Weibes", zitierte sie Börne, "sollte Blüten tragen, nicht Früchte". Noch für eine lange Zeit danach hätten viele Schriftstellerinnen nur unter einem Männernamen schreiben können, bilanzierte die Preisträgerin.

Vor der Zeremonie hatte ein Frankfurter Hurenverein gegen die Vergabe des mit 20.000 Euro dotierten Preises an Schwarzer protestiert. Mit ihrer Kritik am seit 2002 geltenden Prostituiertengesetz habe sich Schwarzer von einer "Rebellin" zu einer "Demagogin" gewandelt. Die Preisträgerin nahm darauf in ihrer Rede keinen Bezug. Sie beanspruchte bloß, was für Alice Schwarzer, ihre Arbeit und ihre Auftritte über Jahrzehnte hinweg wohl immer galt: "Ich spreche nur für mich."

Stefan Höhle[ddp]

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