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Endreimfetischist. Christian Maintz.

© Jakob Maintz/Kunstmann Verlag

Lyrik von Christian Maintz: Pottwal und Rollmops

Philosophischer Witz und Lust am Sprachverdreherischen: Mit "Liebe in Lokalen" debütiert Christian Maintz als Dichter des Komischen.

Von Gregor Dotzauer

Der Jubel über das neue deutsche Lyrikwunder schließt das komische Gedicht fast immer aus. Im Land der hehren zeitgenössischen Poesie gilt es als Exklave, die von vormodernen, haltlos pointensüchtigen, endreimgeschüttelten Spaßvögeln bewohnt wird und irgendwo zwischen Comedy und Rap ein Jahrmarktsdasein fristet. Einer der wenigen, die zwischen Hochkultur und populäreren Formen frei verkehren durften, war Robert Gernhardt, der als Kritiker auch ein Gespür für die unfreiwillige Komik seriöser Überanstrengung besaß. Aber was hat sich seit seinem Tod vor zehn Jahren im Dunstkreis der Neuen Frankfurter Schule und ihrer Nachfahren nicht alles entwickelt.

Ab sofort muss man auch den 1958 geborenen Christian Maintz, der in den Gefilden von niederem Sinn und höherem Unsinn seit Jahren als Herausgeber und Vermittler tätig ist, zu den Meistern der Gattung zählen. Sein Debütband „Liebe in Lokalen“ versammelt ein breites Spektrum selbstbezüglich ironischer, parodistischer und teils rabulistischer Sprechweisen, mit denen er schon auf der Wahrheitsseite der „taz“ auffiel. Philosophisch gewitzte Duelle zwischen den Erzfeinden Hegel und Schopenhauer oder Habermas und Luhmann stehen neben delikaten Frivolitäten, sich zum Epos Streckendes neben epiphanischen Zweizeilern: „Der Pottwal wächst ins Uferlose, / Der Rollmops passt in jede Dose.“ Oder: „Das Eichhorn hastet durch die Fichten, / Der Karpfen kann darauf verzichten.“

Wo Maintz seine Vorbilder sieht, verraten Widmungsgedichte an Christian Morgenstern, F. W. Bernstein, Harry Rowohlt und Ror Wolf, jenes Lyrikunikum, das mit jeder komischen Windung zugleich den Melancholiepegel steigert. Das handwerkliche Raffinement steht dem gedanklichen nicht nach: Den selbst auferlegten Zwang zum Endreim verspottet er, indem er Komposita manchmal mitten im Wort entzweibricht.

Christian Maintz: Liebe in Lokalen. Gedichte. Verlag Antje Kunstmann, München 2016. 144 S., 14,95 €.

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