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Kultur: Männer bleiben fremd - Ein Dokumentarfilm von Eva Heldmann mit Annette Brauerhoch

Eine Frau, die Kasernen aufregend findet, weil sie männliches Terrain sind? Die es genießt, wenn ihr im Partyraum Soldaten hinterherjohlen?

Von Susanna Nieder

Eine Frau, die Kasernen aufregend findet, weil sie männliches Terrain sind? Die es genießt, wenn ihr im Partyraum Soldaten hinterherjohlen? Die mit Unbekannten gerne so tanzt, dass "beiden heiß wird in der Hose"? Das muss eine Schlampe sein.

Dann wird man stutzig. Die Frau lässt sich nicht so einfach abstempeln. Sie erzählt von ihrer Studienzeit, als sie manchmal an einem Tag drei Liebhaber empfing. Intensiv waren diese Begegnungen und gleichzeitig flüchtig. Die Frau reflektiert, analysiert, sie erscheint weder als Dummchen noch als Opfer. Selbstbewusst und ohne Eile setzen die Erzählerin Annette Brauerhoch und die Filmemacherin Eva Heldmann in ihrem Dokumentarfilm "fremd gehen. Gespräche mit meiner Freundin" ein Bild zusammen, das die Ablehnung in Achtung verkehrt.

Hier ist eine Frau, die ihre Sexualität von dem ewigen Bedürfnis nach Symbiose und Harmonie abspalten und sie ausleben kann. Und nicht nur das - sie nennt auch Dinge beim Namen, die viele Frauen vermutlich noch nicht einmal in ihrer Phantasie zulassen. "fremd gehen" ist ein extrem subjektiver Film aus einer Sicht, die man selbst privat fast nie zu sehen bekommt - die der Frau als Genießerin von promiskem Sex. Die Männer sind weder Bedrohung noch Objekt, sondern Wesen, die etwas geben, etwas nehmen und letztendlich fremd bleiben. Männer, die in identisch aussehenden Räumen leben, die gleiche Ausrüstung besitzen, sich aufgrund der begrenzten Funktion des Sexualpartners ähneln: Annette Brauerhoch vergleicht die Kaserne mit einem Bordell, bei dem der kommerzielle Aspekt fehlt. Sie genießt das Begehrtwerden; was sie mit den fremden Männern verbindet, ist die Lust, die in ungewohnter Weise als legitimer Wert vorgeführt wird. Da dürfte sich mancher provoziert fühlen, obwohl der Film nicht auf Provokation aus ist.

Spät im Film stellt sich heraus, dass Annette Brauerhoch Filmwissenschaftlerin ist. Ihr Ansatz ist offensichtlich feministisch, ihr Spezialgebiet: Kriegsfilme. Präzise und souverän positioniert sie sich in einem außerordentlich hierarchisierten männlichen System, in dem eine Frau, die ihre Lust auslebt, traditionell zur Hure gestempelt wird. "God has a hard-on for the Marines", zitiert sie schließlich aus Oliver Stones "Platoon" und fragt (in diesem Fall durchaus provokant): "Wenn Gott bei den Marines eine Erektion kriegt, was macht das dann aus den Marines?" Kaum zu glauben, dass es noch Tabus zu brechen gibt. "fremd gehen" tut das ehrlich, mutig. Befreiend.Vorführungen im Cinemaxx 7, 13. 2., 17.30 Uhr, Cinemaxx 8, 14. 2., 17.45, 15. 2., 20.15 Uhr und 16. 2., 22.45 Uhr.

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