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Kultur: Männer im Mond

„Apollo 18“ strickt an einer Raumfahrtlegende

Von Jörg Wunder

Die letzte bemannte Mondmission der Nasa war gar nicht Apollo 17. Vielmehr wurden 1974, zwei Jahre nach dem offiziellen Ende des Apollo-Raumfahrtprogramms, noch mal drei Astronauten mit streng geheimem Auftrag zum Erdtrabanten geschickt. So geheim, dass nicht mal ihre Familien über den Verbleib informiert waren. Dass die Vernebelungstaktik ebenso wie die Schirmherrschaft des US-Verteidigungsministeriums eine tiefere Bedeutung haben könnte, geht den Astronauten erst auf, als sich die Weltraumroutine auf der Mondoberfläche Schritt für Schritt in einen Horrortrip verwandelt.

„Apollo 18“ variiert ein Genre, dessen Parameter von dem Sensationserfolg „Blair Witch Project“, dem Monsterfilm „Cloverfield“, der Science-Fiction-Satire „District 9“ und der Horrorfilmreihe „Paranormal Activity“ festgelegt wurden: Vermeintlich authentisches Filmmaterial wird zu einer Mockumentary, einer vorgetäuschten Dokumentation, montiert. Hier sind es die Aufnahmen der mitgeführten automatischen Überwachungskameras, die nach über 30 Jahren aus Militärarchiven entwendet und ins Internet gestellt werden – eine in Zeiten von Wikileaks nicht unplausible Annahme.

In den USA wurde „Apollo 18“ von der Kritik ungnädig aufgenommen. Vielleicht empfand man es als anmaßend, dass sich ein russischer Produzent („Wächter der Nacht“-Regisseur Timur Bekmanbetov) und ein spanischer Regisseur (Gonzalo López-Gallego) eines uramerikanischen Themas angenommen haben. Man muss allerdings zugeben, dass dies ziemlich gut gelungen ist. Der analoge Seventies- Look der Raumkapsel wirkt glaubwürdig. Die körnige Qualität der Aufnahmen, die – Kinogänger mit empfindlichem Gleichgewichtssinn werden es erleichtert zur Kenntnis nehmen – nicht so verwackelt sind wie genreüblich, entspricht dem damaligen Stand der Technik.

Vorhalten kann man dem Film höchstens, dass er unnötig übers Ziel hinausschießt: Wie sich in einer denkbar lebensfeindlichen Umgebung langsam Paranoia, Hilflosigkeit und lunare Ureinsamkeit der Astronauten bemächtigen, hätte für einen beklemmenden Psychothriller schon ausgereicht. Der wahre Horror liegt hier in kaum merklichen Bewegungen dort, wo sich nichts bewegen dürfte. Die offenbar unvermeidlichen, aber vorhersehbaren Alien-Horror-Effekte schwächen eher die klaustrophobische Qualität eines unter die Haut kriechenden Space- Kammerspiels.Jörg Wunder

In elf Berliner Kinos, Originalversion

im Cinestar SonyCenter

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