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Kultur: Malen nach Zahlen

Die 17. Art Frankfurt setzt auf den Nachwuchs. Die meisten Galeristen kommen aus Berlin

Sie bringt Prestige und kostet im Vergleich zu anderen Messen nur Peanuts. Das meint der Erfurter Galerist Jörk Rothamel über die am Donnerstag eröffnete Art Frankfurt. Für die 145 beteiligten Galerien mag das gelten, doch noch im Herbst hatten Meldungen für Unruhe gesorgt, Messechef Michael von Zitzewitz wolle die defizitäre Art einstellen. Prompt sind einige wichtige, vor allem ausländische Galerien weggeblieben, andere mussten mühsam umgestimmt werden.

Inzwischen hat sich Zitzewitz zur Messe bekannt und versprochen, sie in den folgenden Jahren fortzuführen – wohl auch auf Druck der Stadt Frankfurt, die an der Messegesellschaft mit 60 Prozent beteiligt ist. Was Mut zum Risiko heißt, kann Zitzewitz nun am besten an Rothamels Stand sehen. Der ostdeutsche Galerist hat gleich 150 Quadratmeter angemietet und seine Präsentation unter das Motto „Aufbau West“ gestellt. Kleine Unikate von Moritz Götze gibt es hier schon für 160 Euro, Hans-Christian Schinks Peru-Fotos kosten 11000 Euro.

Gleich nebenan zeigt der Düsseldorfer Galerist Rüdiger Voss junge Maler und Fotografen. Ins Auge sticht aber Claudia Rogges Installation von 20 Plexiglasstelen mit Aktfotos einer Frau – ein bizarres Vexierspiel aus Farbe, Form und Perspektive. Prinzipiell aber bleibt der Trend zur Malerei ungebrochen. Bei der Kölner Galerie Rehbein sind gleich zwei Entdeckungen zu machen: Sonia Knopp zeigt graue Ölminiaturen auf Holz, Bénédicte Peyrat kraftvoll-realistische Gemälde. Mit grobem Strich malt sie Männer und Frauen in der Natur, mischt Pop und Rubens und trifft offenbar einen Nerv. Schon während des Aufbaus wurden drei kleine Bilder verkauft (Preise zwischen 900 bis 8800 Euro).

Auch der Berliner Galerist Michael Schultz setzt neben seinen Verkaufsschlagern Norbert Bisky, Seo und Cornelia Schleime auf Nachwuchsmaler. Unter dem Titel „Subjektive Obsession“ versammelt der Trendscout Gemälde von 26 UdK-Studenten zu einer Sonderschau und schafft damit eine eindrucksvolle Momentaufnahme, die ankommt: Bei Preisen zwischen 400 und 5000 Euro waren bereits am Eröffnungstag 60 Prozent der Arbeiten verkauft. Nur wenige Schritte weiter beginnt die zweite Sonderschau „Pathetischer Betrug“, die das momentan heiß gehandelte Romantik-Thema aufgreift, sich aber im Gegensatz zu der im Mai angekündigten Ausstellung „Wunschwelten“ in der Schirn Kunsthalle auf deutsche Künstler konzentriert. Die Ausstellung mit Werken von Christoph Bannat bis Heike Weber entlarvt die stimmungsvollen Bilder als Fälschungen. So ist Monika Studers und Christoph van den Bergs Foto von den Alpen im Nebelmeer vollständig digital generiert.

Unter den Galeristen stellen die 19 Berliner wie im Vorjahr die stärkste Fraktion. Wolfram Völcker hat bereits eine Arbeit von Hermann Nitsch für über 30000 Euro verkauft, zeigt aber auch Experimentelles von jungen Künstlern, wie den über drei Meter hohen Spielzeug-Turm von Willi Tomes (20000 Euro). Völcker lockt vor allem das „tolle Sammlerpublikum“ nach Frankfurt. Viele andere Nachwuchsgalerien nutzen einfach die Chance, sich einmal auf fremden Terrain zu erproben, was angesichts der strengen Auswahlkriterien des Art Forums Berlin, der Art Cologne und der internationalen Messen immer schwerer wird.

Insgesamt präsentiert sich die Art trotz aller Querelen so munter wie lange nicht mehr. Das oft beklagte Qualitätsgefälle zwischen der jungen Kunst in der ersten Etage und der Kunst ab 1960 in der zweiten Etage gibt es nicht mehr. Und doch ist sie in dieser Form ein Auslaufmodell und soll im nächsten Jahr ganz anders werden. Die Spekulationen über einen anderen Standort in Frankfurt bestätigt Art-Leiterin Marianne El Hariri zwar nicht, aber sie feilt derzeit an dem neuen Konzept. Doch auch bei Kunstmessen gilt das Motto: Wer zu früh seine Pläne preisgibt, wird gnadenlos kopiert. Spätestens im Sommer wird El Hariri ihr Konzept aber bekannt geben müssen, sonst zieht die Galerien-Karawane an einen anderen Messeort.

Frankfurt am Main, Messehalle 1, bis 2. Mai. Tageskarte (mit Katalog) 18 Euro, www.artfrankfurt.de

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