zum Hauptinhalt

Maler Daniel Richter: Von der Hafenstraße in die Kunsthalle

Neben Neo Rauch und Jonathan Meese zählt Daniel Richter zu den größten Stars der deutschen Malerei. Die Hamburger Kunsthalle zeigt von Freitag an bis zum 5. August die erste große Retrospektive des Künstlers.

Hamburg - In der Hamburger Kunsthalle sind nun 57 großformatige Gemälde und 400 kleinere Formate und Skizzen aus zwölf Jahren zu sehen. "Das ist das bedeutendste Erlebnis dieses Tages", meint Richter, lässig in Jeans und hellblauem T-Shirt. Zur Kunsthalle kam er mit dem Fahrrad. Auch seine Ausführungen vor den rund hundert versammelten Journalisten trägt er locker, amüsant und amüsiert und mit viel Ironie vor. Ob seine Kunst etwas bewirken kann? "Ich weiß es nicht. Vielleicht kann sie den Betrachter erregen oder glücklich machen", kommt seine Antwort.

Der 44-Jährige, der vor kurzem Vater wurde und mit der Theaterregisseurin Angela Richter verheiratet ist, hat gut Lachen - gilt er heute als einer der teuersten Maler seiner Generation. Seine großformatigen Gemälde, in denen er in schillernden Farben aktuelle politische Themen aufgreift, erzielen auf internationalen Auktionen mittlerweile sechsstellige Beträge. Auktionshäuser fragen schon an, ob er nicht ein wenig schneller und mehr malen könne.

Spätes Studium

Um Richters Werke und ihren Erfolg zu verstehen, muss man den Lebensweg des Künstlers kennen. 1962 in Eutin (Kreis Ostholstein) geboren, brach Richter die Schule ab und ging nach Hamburg. Dort war der 44-Jährige nach eigenen Angaben "recht aktiv in der Autonomenszene" um die linken Hausbesetzer. In der berühmten Hafenstraße wohnte er jedoch nicht selbst. "Die waren mir zu selbstautoritär". Erst im Alter von 29 Jahren begann Richter sein Malereistudium bei Prof. Werner Büttner an der Hamburger Kunsthochschule. Nachdem er dort die Kunstgeschichte von Caravaggio bis Pablo Picasso studiert hatte, soll Büttner zu ihm gesagt haben: "Und nun mach was draus. Mal!"

Angefangen hat alles mit der abstrakten Malerei. Seine ersten Bilder zeigen ein wirres Durcheinander von Flecken, Linien, Mustern und Farben. 1999 tauchten dann die ersten Köpfe in den Bildern auf, bald komplexe Kompositionen mit Bezügen zur Kunstgeschichte oder zum aktuellen Zeitgeschehen. "Revidyll" (2006) heißt eines der Werke, dessen Titel eine Montage aus "Revolution" und "Idyll" ist. Es zeigt eine menschliche Figur, die kopfüber in die dunkle Nacht stürzt. Erst auf dem zweiten Blick erkennt man El Lissitzkys Entwurf einer Rednertribüne für Lenin, die beiden kleinen Figuren am Bildunterrand sollen Lenin und der russische Komponist Schostakowitsch sein.

Vergleich mit Fichte

Auf anderen Gemälden hat Richter aktuelle politische Ereignisse aufgegriffen, als Vorlage dienten ihm oft Fotografien. "Phienox" (2000) wurde als Bild der Wiedervereinigung gelesen, beruht aber auf einem Foto vom Anschlag auf die US-Botschaft in Nairobi. "Fatifa" (2001) zeigt ein Boot mit afrikanischen Flüchtlingen und "Nerdon" thematisiert den gescheiterten kommunistischen Aufstand in Hamburg-Barmbek von 1923. Dem Katalog der Ausstellung gab er den Titel "Palette", nach dem Buch des Schriftstellers Hubert Fichte über eine Hamburger Künstlerkneipe. "Fichte hat mit der Sprache das versucht, was ich mit der Malerei versuche", sagt Richter.

(Von Carola Große-Wilde, dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false