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Karl Otto Götz am 20. März in Duisburg bei der Eröffnung der Retrospektive anlässlich seines 100. Geburtstags.

© imago/biky

Maler Karl Otto Götz gestorben: Der Meisterkalligraph

Manchmal war da nur reines Schwarz, dann gab es wieder Farbexplosionen: Ein Nachruf auf den Jahrhundert-Maler Karl Otto Götz.

Schwarz schlägt Haken auf weißem Grund. Sekundenschnelle Dynamik pulsiert in den heftigen, breiten Schwüngen. Frisch wirkt das und altbekannt zugleich. Wiedererkennbar ist seine Malerei geblieben, seit Karl Otto Götz sich als prägender Künstler des Informel in der internationalen Szene nach dem Zweiten Weltkrieg einen Namen machte. Überraschungen stecken trotzdem drin in jedem seiner Werke. Visuelle Abenteuer hat der 1914 in Aachen geborene Künstler hinterlassen. Dramen ohne Darsteller. Da gibt es abrupte Handlungssprünge, langbahniges Schweifen, heftige Stakkato-Rhythmen und splittriges Gespritze. Mehr braucht ein Bild nicht, um ein Bild zu sein. Titel wie „Giverny“ oder „Dornbusch“ schlagen manchmal Bögen zur Wirklichkeit. Die Rasterbilder, die K.O. Götz in den frühen sechziger Jahren präzis mit Filzstift zeichnete, wirken wie computergepixelte QR-Code-Vorläufer. Für Götz waren sie ein Nebenweg, den er nicht weiterverfolgte.

Von den Nazis bekam er Mal verbot

Geboren kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs, handelte er sich wegen seiner Vorliebe fürs Abstrakte unter den Nazis Malverbot ein. Nach Kriegsende vernetzte er sich mit der Gruppe Cobra und präsentierte in Paris seine Bilder. Das Etikett „Informel“ passt auf seine Kunst allerdings nicht. Konzentrierte Formspannung beherrscht seine gestischen Kalligraphien. Sie sind hochästhetisch, erstarren aber nie zum Effekt. Als Professor an der Kunstakademie Düsseldorf brachte Götz Künstler wie Gerhard Richter und Sigmar Polke auf den experimentierfreudigen Weg. Sein zum 100. Geburtstag erschienenes Werkverzeichnis umfasst über 1000 Arbeiten.

Er war der Lehrmeister von Richter und Polke

Seine frühen Gemälde aus den dreißiger Jahren lassen abstrakte Amöben über graue Gründe wabern und an Miró oder Max Ernst denken. Dann wird der Strich breiter, der Duktus wilder. Rascher Vollzug garantiert der entstehenden Spur einen Schwung, der sich ungebremst auf den Betrachter überträgt. Ruhe strahlen K.O. Götz´ souveräne Gesten trotzdem aus. Ihr Risikopotential ist spürbar, aber die Kompositionen entgleisen nie. Beim Malen zusehen ließ er sich nicht.
Statt fein zu pinseln, schob er mit breiten Gummirakeln die dünnflüssige Farbe über feuchte Kleistergründe und erreichte so einen unverwechselbar großzügigen Duktus. Der reichte als Bildthema über viele Jahre. Fast nur reines Schwarz beherrscht die Sechziger und Siebziger in K.O. Götz´ Alchimistenlabor. Später wird es manchmal explosiv farbig, nicht immer zum Vorteil. Götz blieb der Meister des beherrschten Farb-Impulses. Im Alter von 103 Jahren ist er am 17. August in seinem Haus im Westerwald gestorben.

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