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 „Velazquez-Claus“ (1982) von Rainer Fetting

© Galerie Crone

Malerei der 80er Jahre: Schichten sichten

Fetting, Kippenberger, Volo Beza: Die Galerie Crone vergleicht Kunst der achtziger Jahre mit junger Malerei

Schon Jahre vor der Wende war der Zeitgeist am Ende. Ähnlich wie heute das Wort Hipster wurde der Begriff ab Mitte der Achtziger als Worthülse für alles und jede/n verwendet, der oder die oder das irgendwie modern wirken sollte. Dabei stand der Zeitgeist zu Beginn des Jahrzehnts für einen neuen, irgendwie rebellischen und – je nach Façon – düsteren oder hedonistischen Blick auf die Welt und auf den Umgang mit ihr.

1982 fand im Berliner Martin-Gropius-Bau eine Ausstellung mit diesem Titel statt, die als epochemachend gilt. Eine junge Künstlergeneration wurde als Junge Wilde berühmt. Der Begriff bezeichnete mehr eine Grundhaltung als einen tatsächlichen Zusammenschluss. Was die Künstler weitgehend einte, war eine Lust an der wilden, bunten Figuration, am großen Format, am bad painting, das sich nicht um Konventionen scherte.

Nicht ganz unbeteiligt am Zeitgeist der frühen Achtziger war auch Markus Peichl, seinerzeit Chefredakteur der Zeitschrift „Wiener“ und später Gründer von „Tempo“, die beide dem Lebensgefühl eines Jahrzehnts Ausdruck verliehen, in das einer Umfrage nach die meisten Menschen wiedergeboren werden wollen.

Heute führt Peichl die Galerie Crone, und damit schließt sich der Kreis: In der Ausstellung „Zwei Alter: Jung“ führt er in der Crone Side genannten Dependance in Tempelhof auf knapp 500 Quadratmetern die losen Enden zusammen.

Hier wird erkundet, was es damals hieß und heute bedeutet, ein junger Künstler zu sein. Und hier taucht gleich auch ein Unterschied auf. Damals wurde institutionell und kommerziell erfolgreiche Kunst hauptsächlich von (weißen) Männern gemacht. Inzwischen hat sich das Bild immerhin ein wenig gewandelt. Während sich unter dem runden Dutzend Positionen der achtziger Jahre mit Leiko Ikemura und Rosemarie Trockel nur zwei Frauen finden, ist das aktuelle Spektrum deutlich diverser.

Heute ist es schwierig, eine Handschrift zu entwickeln

Was in der Zusammenschau noch auffällt: Wie frisch vieles aus der Vergangenheit wirkt und wie schwer es bei manchen Gemälden fällt, sie historisch einzuordnen.

Dennoch funktioniert es nicht, Künstler wie Walter Dahn, Martin Kippenberger, Albert Oehlen oder eben Trockel und Ikemura gegen Antony Valerian, Emanuel Bornstein, Volo Beza, Sophie Reinhold oder Kamilla Bischof in Stellung zu bringen.

Schon weil die jüngeren KünstlerInnen so gut mithalten können und trotz aller Gemeinsamkeiten eigenständige Positionen entwickeln.

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Obwohl die Ausgangssituationen unterschiedlich sind. In der späten Bundesrepublik gab es reichlich Konventionen, die man brechen konnte, und Denkmäler, die es zu stürzen galt. In der Gegenwart mit ihrer anything goes-Attitüde ist es schon schwieriger, eine eigenständige Handschrift zu entwickeln und zu bewahren.

Der weite Bilderbogen an den Galeriewänden findet seine Entsprechung in den Preisen. Eine Installation aus drei Gouachen und zwei Skulpturen von Thomas Schütte, die bis vor Kurzem im Hessischen Landesmuseum Darmstadt als Leihgabe zu sehen war, kostet rund drei Millionen Euro, ein mannshohes Gemälde von Leiko Ikemura geradezu bescheidene 38 000 Euro. Was immer noch viel ist, verglichen mit Aneta Kajzers weit größerem Bild „Datenight“, das mit 5000 Euro viel Potenzial hat. Doch um Preise sollte es Besuchern der Ausstellung nicht vorrangig gehen, sondern um die Lust am Schauen.Stefan Kobel
Crone Side, Tempelhofer Damm 2; bis 10. November, Mi–Sa 11–18 Uhr

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