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Kultur: Man lebt doch zweimal

Neue Hoffnung fürs Filmkunsthaus Babylon?

Eine Diskussion war nicht erwünscht. Vorneweg ein metaphorisch mahnender Zeichentrickfilm. Dann ein sehr nüchterner Bericht über den bedrohlichen Stand der Dinge plus drei eher salbungsvolle als kämpferische Solidaritätsadressen. Und hintendran der melancholische Kurzdokumentarfilm über einen Kinoabriss in Augsburg. Tja, was als „Protestveranstaltung“ angekündigt war, glich am Mittwochabend vor nur halbvollen Reihen eher einer Totenfeier.

Dabei gibt es Hoffnung für das Babylon, neue Hoffnung. Nicht nur hat der Betreiberverein schon knapp 4000 Unterschriften für die Erhaltung des kommunalen Filmkunsthauses am Rosa-Luxemburg-Platz gesammelt, er hat nun wohl auch eine Galgenfrist. Nachdem es, wie berichtet, zuletzt so aussah, als müsste das Kino Anfang Dezember dichtmachen, weil die Kulturverwaltung die 320000 Euro Jahresförderung gestrichen hat, soll der Verein nun zunächst so lange weitermachen, bis ein neuer Betreiber gefunden ist. Wobei er sich auch selbst bewerben kann: Das „Interessenbekundungsverfahren“, das der Kultursenator dieser Tage ausschreiben und binnen kurzem durch eine Jury entscheiden lassen will, steht jedem offen.

Ein bisschen mehr programmatische Flexibilität allerdings ist gefragt, wenn das Babylon als renommiertes, staatlich gefördertes Filmkunstkino weiter bestehen soll. 37 Zuschauer im Schnitt pro Film, das mag bei kommunalen Kinos mit unter 100 Plätzen eine hübsche Auslastung sein. Für das Babylon aber, das für seinen über 400 Zuschauer fassenden Riesensaal und sein kleines Studio über 20000 Euro Monatsmiete aufbringen muss, ist das entschieden zu wenig. Ideen müssen her, Öffnungen, Mischkonzepte. Und vor allem Besucher, aus deren Eintrittsgeldern vor allem sich ein taugliches Programm zaubern lässt.

Rund 100000 Euro mehr pro Jahr bräuchte das Babylon, um sorgenfrei zu wirtschaften. Seit der Wiederöffnung des großen Saals Mitte 2001 kam dieses Zusatzgeld, ob von der Stadt oder aus dem Hauptstadtkulturfonds, auch immer wieder zusammen. Nur hat der Betreiber-Verein dieses Jahr beträchtlich an Kredit verloren. Fünf Monate die Miete schuldig zu bleiben, das Geld stattdessen in Gehälter und Programm zu stecken und den Geldgeber über den arg artistischen Umgang mit seinen Zuwendungen so spät wie noch eben möglich zu informieren, ist – gelinde gesagt – unseriös.

Andererseits: Von ihrem Kino, das die Filmgeschichte, osteuropäisches Profil und gezielte Kooperationen pflegt, verstehen die Babylonier was. Es gibt nicht viele Kinomacher, die eben jenes Profil bewahren könnten – notwendige Neuerungen hin oder her. Sollte sich also niemand Taugliches finden, wird das Parlament, mit ein paar Daumenschrauben mehr, dem Verein grundsätzlich aus der Patsche helfen müssen. Denn eine Schließung des Hauses, so viel Interesse sei hier schon mal bekundet, kommt nicht in Frage.

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