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Beneidenswerte Altersgelassenheit: Manfred Maurenbrecher.

© Kapuzina

Manfred Maurenbrechers neues Album: Der Rest ist Mut

Liedermacher und Jahresendzeitkabarettist Manfred Maurenbrecher hat ein neues Album herausgebracht. „Inneres Ausland“ liefert scharfe Zeitkritik und innige Mutmachlieder.

Der Mann ist unermüdlich. Am 2. Mai wird der Liedermacher Manfred Maurenbrecher 70 Jahre alt. Mit schöner Regelmäßigkeit erscheint alle zwei, drei Jahre ein Album, das meistens den Preis der Deutschen Schallplattenkritik gewinnt.

Zwischendrin gastiert er alljährlich mit dem stets ausverkaufen „Jahresendzeitprogramm“ im Mehringhoftheater. Pendelt zwischen der lichten Wohnung mit Klavier in der Künstlerkolonie am Breitenbachplatz und dem Häuschen auf dem Dorf in Ostbrandenburg. Und schreibt einen ins Humoristische lappenden Dorfroman wie „Grünmantel“, der vergangenes Jahr erschienen ist.

Mehr als 600 Lieder in 40 Jahren

Reichlich 600 Lieder hat der promovierte Germanist unter den Songwritern in 40 Jahren verfasst. Mit „Inneres Ausland“ (Reptiphon/Broken Silence) kommen jetzt weitere 16 hinzu. Kaum erschienen, steht das Album schon als „Platte des Monats April“ auf der Bestenliste der deutschen Liedermacher.

Lustig, wie verlässlich das Maurenbrecher’sche Liedgut Assoziationen von Reinhard Mey (textlich) bis Achim Reichel (stimmlich) weckt. Und die Fernwehballade „Auf der Fähre nach Thassos“ könnte samt Klavierintro eine Udo-Jürgens-Nummer sein.

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Ist aber Maurenbrecher, wie seine gesungenen Spoken-Word-Textgirlanden belegen. Der zeitlos gemütliche Bandsound rockt, rumpelt, tänzelt oder reduziert sich chansonesk auf Piano, Bass und Percussion. Jeder Liedgeschichte ihre eigene Klangfarbe.

Was es bei Maurenbrecher bisher noch nie gab, ist Chorgesang. Jetzt hat er sich einen zum Geburtstag geschenkt, den Jazzchor Jazzomat unter Leitung der Sängerin Réka. Und wie sich das gehört, widmet er dem klassenübergreifenden „Zusammenkommen zu einer Art sozialer Feierstunde, in der man sich friedlich mit Musik beschäftigt“, auch gleich eine herzige Hymne namens „Der Chor“.

Wenn die über die Ostsee kämen

Klimakatastrophen-Leugner, Neurechte, Altrechte, Rassisten – Maurenbrecher spießt sie alle auf. Direkt unter die Haut geht die mit einem zuerst minimalistischen und dann elektronisch aufdrehenden Dringlichkeitssound akzentuierte Nummer „Puppen“.

Das Lied über das Flüchtlingselend im Mittelmeer kombiniert die Voyeuristen-Perspektive von Fernsehbildern mit innerer Stammtisch-Suada und mündet in solchen Sätzen: „Wenn die über die Ostsee kämen, wir wüssten uns nicht zu helfen, mit Mistgabeln und Messern, so stünden wir da.“ Ein gruselig gutes Lied.

Die Altersgelassenheit des Siebzigjährigen

Bloß gut, dass der scharfe Zeitkritiker Manfred Maurenbrecher auch ein freundlicher Wilmersdorfer ist. Also finden sich auf „Inneres Ausland“ herzerwärmende Erbauungslieder, die von den guten Seiten des Menschseins erzählen.

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„Herbstschnulze“ fällt innig aus, „Aufstehen“ kämpferisch und lebensfroh. Und die Selbstbeschwörung „Der Rest ist Mut“ verströmt mit Versen wie „So die eigene Zeit durchkraucht / sieben Leben lang, / sechs sind demnächst aufgebraucht, / eins hängt noch im Schrank“ eine beneidenswerte Altersgelassenheit. Die toppt nur noch der Refrain: „Alles gut, der Rest ist Mut.“

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