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Daniel Behle sang die Tenorpartie im "Elias".

© Marco Borggreve/Sony

Marek Janowski und das RSB: Mendelssohn als Abenteuer

Marek Janowski dirigiert das Drei-Stunden-Oratorium „Elias“ in der Philharmonie: mit dem großartigen Rundfunkchor Berlin, exzellenten Solisten - und einem Rundfunk-Sinfonieorchester, das hingebungsvoll bei der Sache ist

Noch vor der Ouvertüre, gegen alle Regel, ertönt das Wort des Propheten, dass weder Tau noch Regen kommen würden, „ich sage es denn“. Das klingt bekenntnishaft, als ob Felix Mendelssohn Bartholdy mit der Stimme des Titelhelden spricht. Denn er ist „Knecht“ eines Höheren in dem Oratorium „Elias“ für Soli, Chor und Orchester nach Worten des Alten Testaments, das uns nahezu drei Stunden in Bann schlägt.

Zu erleben ist in der Philharmonie, wie sich hohe Professionalität mit einer Herzenssache verbindet. Nicht nur des Dirigenten Marek Janowski, der Spannung und Ausdruck in blanke Präzision umsetzt, sondern auch seines Rundfunk-Sinfonieorchesters. Es ist schon eine Seltenheit, dass sich Orchestermusiker mit einer solchen Hingabe, sichtlich jedes Einzelnen, jedes Geigers und jeder Geigerin, derart begeistert für die Interpretation eines Chorwerks einsetzen. Dazu in allen Stimmen leuchtend der Rundfunkchor, einstudiert von Michael Gläser.

Den Elias singt, kurzfristig eingesprungen, Adrian Eröd von der Wiener Staatsoper, Bayreuths Beckmesser und Salzburgs Faninal, ein Sänger, der die Autorität der Figur mit Texttreue und Kantabilität darstellt – so zurückhaltend wie vom Ende her betrachtet: „Denn meine Tage sind vergeblich gewesen.“ Dazu schwärmerisch der Tenor Daniel Behle: „So ihr mich von ganzem Herzen suchet“. Herausfordernd dagegen die Altistin Clémentine Margaine als Königin aufseiten der Baals-Propheten im Machtkampf mit dem siegenden Elias. In der kleineren Bassbartie zeigt Andreas Hörl Statur, und lieblich überglänzend erhebt sich der Sopran Sophie Klußmanns: „Höre, Israel, höre des Herren Stimme!“ Alles Solisten in bester Form.

„Erinnerungsspuren“ hat man in dem Spätwerk gefunden. Das gilt nicht nur für die jüdische Melodie in dem Chor „Der Herr ging vorüber“, sondern auch für den Umgang des Zelter-Schülers Mendelssohn Bartholdy mit den Werken Johann Sebastian Bachs oder Händels. Elias, die Prophetengestalt des Alten Testaments, tritt dem Hörer mit Monumentalität und echter Lyrik entgegen, die dramatischen Situationen sind von der Art, Predigt und Innerlichkeit, Fanatismus und Gebet tönend nachzubilden.

Wenn die Begleitfiguren der Streicher rauschen, weil in der biblischen Erzählung der ersehnte Regen kommt, wenn Flöten, Oboen, Klarinetten bezaubern, die Celli neben dem Eliassolo singen und die Fanfaren der Trompeten schallen, erweist sich die unter dem Chefdirigenten Janowski erworbene und gepflegte Souveränität des Orchesters. Die ganze Aufführung aber sprengt total den Begriff des Klassizismus. Denn neu zu hören ist: Mendelssohn als Abenteuer. Das meint die Interpreten wie die Zuhörer. Groß ist die Konzentration wie die Begeisterung des Publikums.

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