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Abwesend anwesend. Mia Kwiatkowsky in der Rolle der Emily Schenk.

© Coin Film/Govinda Van Maele

Maria Kwiatkowskys letzte Rolle: Alles bisher nur ein Traum

Ihren letzten Dreh konnte die Schauspielerin Maria Kwiatkowsky vor ihrem Tod nicht mehr beenden. „Die Erfindung der Liebe“ macht genau das jetzt zum Thema - mit dem Material, das von ihrem letzten Film übrigblieb.

Die schwerreiche Exzentrikerin Amine von Kirsch ist todkrank. Und Emily und Daniel – ein junges Paar, das sich zwischen Fastfood-Kneipen und Low-TechAltbauküchen eingerichtet hat – könnte das Erbe der Mittvierzigerin gut brauchen. Also schmieden die beiden einen Plan, den man schon anderswo gehörig schiefgehen sah: Daniel (Bastian Trost), gescheiterter Jura-Student von eher defensivem Frauenverstehercharme – soll Amine von Kirsch bezirzen, heiraten und nach ihrem Ableben die Millionen heim zu Emily in die Bruchbude bringen.

Leider hat der junge Mann den Sexappeal unterschätzt, den elfenbeinhäutige Villenbesitzerinnen mit stabilem Konto zu verströmen pflegen – zumal, wenn sie von Sunnyi Melles gespielt werden. Und weil auch Emily ein höchst besonderes Wesen ist, das zudem über unorthodoxe Beziehungskampfmethoden verfügt, nimmt das Partner(in)-wechsel-dichSpiel seinen komödiantischen Gang.

23 Drehtage dieser Liebesverwirrungsgeschichte mit gediegenem Sozialtouch hatte das Team um Regisseurin Lola Randl im Sommer 2011 bereits hinter sich, als – völlig unerwartet – die 26-jährige Emily-Darstellerin Maria Kwiatkowsky verstarb. Kwiatkowsky war vor allem als Theaterschauspielerin bekannt geworden und damals seit einem Jahr Ensemblemitglied der Volksbühne. Aber auch im Kino („En Garde“) und in TV-Krimiserien trat sie auf und war für ihre Rollen bereits mehrfach preisgekrönt worden. Lola Randl brach nach Kwiatkowskys plötzlichem Tod die Dreharbeiten zu „Die Erfindung der Liebe“ ab, um sie ein Jahr später, mit neuem Buch, doch noch zu vollenden.

Die Idee: Man macht die reale Situation offensiv zum Thema und dreht einen Film über einen Filmdreh, dessen brutal pragmatischer Produzent (Jürgen Rißmann) dem sensiblen Autor (Sebastian Weber) noch auf der Beerdigung der verstorbenen Hauptdarstellerin klarmacht, dass er die Sache unbedingt zu Ende bringen muss. Frei nach dem Kreativbranchen-Klischee: Dir wird schon was einfallen; notfalls war halt alles Bisherige nur ein Traum.

Und so werden wir gleichsam Zeugen der Plotverfertigung beim Schauen: Der Autor entwirft, probiert und entsorgt – vorzugsweise mit Klebezetteln in Nasszellen – allerlei Handlungsideen, während die Kollegen am Set auf ihre Weise Fakten schaffen. Den Emily-Part etwa übernimmt die Produktionspraktikantin (Marie Rosa Tietjen); mit ihrer Vorgängerin hat sie zwar keinerlei Ähnlichkeit, aber immerhin schon mal „einen Pantomimekurs“ besucht.

Die zusätzliche Backstage-Ebene tut der netten Dreiecksstory um Amine, Emily und Daniel, in der Irm Hermann und Mario Adorf große Auftritte als Millionärseltern haben, schon deshalb gut, weil Randl virtuos die Zynismen, Narzissmen und Stereotypen der Branche vorführt. Das ist zwar nicht unbedingt neu, aber allemal lustig – vor allem in den pseudodokumentarischen Interview-Einspielern, die sie hemmungslos zum KollegenBashing nutzen.

Zusehends verwirren sich Backstage-Realität und Filmplot, spontane und am Drehbuchreißbrett konstruierte Liebe, inszenierte und echte Schwangerschaft – der Vorhersehbarkeitsfalle allerdings entgeht „Die Erfindung der Liebe“ auch in dieser Version nicht vollends. Darstellerisch aber ist der Film eine Augenweide, auch wegen Maria Kwiatkowsky. Einer Ausnahmeschauspielerin, die sich weder im Theater noch im Film in handelsübliche Schablonen pressen ließ – in ihrer letzten Rolle.

Der Film läuft seit Donnerstag im Cinemaxx, Kant und Passage. Am Dienstag, 6. Mai, 20.30 Uhr, zeigt die Volksbühne ihn in Erinnerung an Maria Kwiatkowsky in einer Sondervorstellung.

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