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Kultur: Marmor, Stein und Eisen fließt

Die 3.Internationale Biennale "Film und Architektur" in Berlin endet mit Toyo ItoVON ULF MEYERFlüssigkeit im direkten und übertragenen Sinn ist das zentrale Entwurfsthema des japanischen Architekten Toyo Ito.

Die 3.Internationale Biennale "Film und Architektur" in Berlin endet mit Toyo ItoVON ULF MEYERFlüssigkeit im direkten und übertragenen Sinn ist das zentrale Entwurfsthema des japanischen Architekten Toyo Ito.Auf der Abschlußveranstaltung des Festivals "film+arc" konnte Ito im Berliner Haus der Kulturen der Welt beide Aspekte seiner Arbeit mit Hilfe eines Vortrags und eines Films erläutern.Für Ito, der an einem Bergsee Zentraljapans aufwuchs, ist das Wasser seiner kindlichen Umgebung eine wichtige Inspiration.Seine jüngsten Werke stellen eine Auseinandersetzung mit Wellen- und Unterwasserformen dar.Die gekrümmten Flächen des Fischereimuseums am Suwa-See, an dem Ito aufwuchs, erinnern zwar an Schiffs- oder Fischformen, eine direkte Verwendung von organischen Naturmotiven oder eine bewußte Fortschreibung japanischer Traditionen liegen ihm dennoch fern.Seine Architektur ähnelt eher Körpern, die von Luft- oder Wasserströmungen geformt werden.Zu einer der Schlüsselfiguren der Medienarchitektur der 90er Jahre macht Ito aber erst sein Konzept der zwei Körper: Ebenso wie der materielle Körper des Menschen Teil des Wasserkreislaufes ist, formt den elektronischen Körper ein zweiter Strom der Medien und Kommunikation."Alles fließt.Auch Gebäude sind Körper im Fluß", so Ito.Während am Beginn seiner Karriere der Umgang mit reduzierten, einfachen und schweren Formen wie bei dem "U-house" in Nakano von 1976, mit dem er berühmt wurde, im Vordergrund stand, entwickelte er spätestens mit seinem eigenen Haus in Tokio 1984 seine Vorliebe für Aluminium und leichte Zeltdachkonstruktionen.Ito entwirft seine Werke von innen nach außen, ohne dabei Interieur und Stadt hermetisch zu trennen.Die Stadt Tokio interpretiert Ito als Netzwerk "verschiedener Schichten von nicht-hierarchischen Strömen".Nur eine "Architektur der Schnittpunkte" könnte alle Netze zusammenhalten.Der "Turm der Winde", den Ito 1986 in Yokohama errichtet hat, ist die überzeugendste Metapher dieses Weltbilds.Die transparente sensorische Medienfassade des Turms reagiert auf Reize der Umgebung wie Wind und Geräusche und verwandelt sie in ein elektronisches Lichtspiel.Ito, der sich auch in Deutschland einen Namen als Innenarchitekt und Ausstellungsdesigner gemacht hat, ist jüngst eingeladen worden, im Themenpark der EXPO 2000 in Hannover eine Ausstellung über die Zukunft des Gesundheitswesens zu entwerfen.Ito begreift sich nicht als "Filmmensch" - ihn interessiert vielmehr der "Weg von der Architektur zum Bild und zurück".Er will nicht Architektur schaffen, sondern künstliche Landschaften und bemüht sich, die Form der immergleichen Gebäude in allen japanischen Städten aufzubrechen.Der Film "Splace", ein einstündiges Video von 1996, versucht, das fragmentierte Stadtbild Tokios darzustellen.In der "Stadt ohne Gesamtbild", in der Städtebau als Kategorie nicht existiert, ist Wandel die einzige Konstante."Splace" zeigt Tokio als Stadt, in der man sich zwischen Fläche und Zeit entscheiden muß.Denn je weniger Zeit man mit der Überwindung der enormen Entfernungen zwischen Wohn- und Arbeitsort verbringen will, desto unbezahlbarer sind die Mieten im Zentrum.Nicht zuletzt eine Bodenpolitik, die auf kurzfristige Nutzungen ausgelegt ist, fördert dieses "Leben entlang einer Linie".Der bestenfalls mittelmäßige Film schwankt jedoch unentschieden zwischen Stadtporträt und Architekturdokumentation und ist letztlich beides nicht.Der Berliner Ableger des Grazer "film+arc-Festivals" war dennoch ein großer Publikumserfolg.Nicht nur Stararchitekten wie Ito füllen Säle, auch die verschiedensten Veranstaltungsorte in Berlin, die in Analogie zu den Filmen ausgesucht wurden, haben den Veranstaltern übervolle Auditorien beschert.

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