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Unser Autor Harald Martenstein.

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Martenstein kommentiert: Auch Brüderle macht keine Herrenwitze mehr, wenn man ihm den Schädel spaltet

Um Geld zu machen, geben manche Filme ihre Glaubwürdigkeit auf, findet unserer Kolumnist Harald Martenstein und wundert sich über Männer, die noch häufiger an Sex denken als Rainer Brüderle.

Warum werden überhaupt Romane verfilmt? Was soll das künstlerisch bringen? Kommt irgendein Mensch auf die Idee, das Gemälde „Der Mann mit dem Goldhelm“ in ein Streichquartett zu verwandeln? Einen Typen, der ankündigt, den Song „Stairway to heaven“ in eine Fernsehserie für das ZDF umzumodeln, mit Matthias Brandt als Stairway und Christine Neubauer als Heaven, würde man für verrückt erklären. Ach so – es geht um Kohle. Mit Romanverfilmungen kann man Geld verdienen. Dann will ich nichts gesagt haben.

In „Nachtzug nach Lissabon“ sieht man den deutschen Schauspieler August Diehl, der einen portugiesischen Widerstandskämpfer spielt und dabei Englisch redet, so weit okay. Aber wenn man sich auf die Fiktion einlässt, dass im Portugal der 70er Jahre durchgehend englisch geredet wird, und dass sie in der Schweiz der 70er Jahre ebenfalls alle englisch reden, wieso spricht dann August Diehl im Film ein Englisch mit portugiesischem Akzent? Wenn er einen portugiesischen Akzent hat, dann wäre es doch viel praktischer für ihn, Portugiesisch zu reden, schließlich sind wir in Portugal. Jeremy Irons spielt auf die denkbar unschweizerischste Weise einen Schweizer Lehrer, der sich mit Bruno Ganz trifft, welcher im Leben ein echter Schweizer ist, hier aber aus irgendeinem Grund nicht die ihm auf den Leib geschriebene Rolle des Schweizers spielen darf, sondern einen Portugiesen darstellen muss, der Englisch redet.

Total unglaubwürdig ist auch die Schlussszene von „Dark Blood“, dem unvollendeten Film mit River Phoenix, der 1993 während der Dreharbeiten gestorben ist. River Phoenix liegt im Bett und bittet eine Frau, die sich über ihn beugt, ihre Bluse aufzuknöpfen. Gewiss, so etwas kann vorkommen. Aber ihm ist gerade vor drei Minuten mit einem Beil der Schädel gespalten worden, sein Gehirn liegt frei und sickert auf das Kopfkissen. Männer, die in einer so tiefen Lebenskrise immer noch an Sex denken, gibt es nicht. Selbst Rainer Brüderle würde doch, wenn man ihm das Hirn mit einem Beil spaltete, keine sexistischen Bemerkungen mehr machen.

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