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Auch Katzen leiden unter dem globalen Neoliberalismus, wie ein Film auf der Berlinale zeigt.

© dpa

Martensteins Berlinale (8): Und wer bekommt den Papierbären?

Es gibt nicht nur Hirsche auf der Berlinale. Harald Martenstein hat einen Film gesehen, in dem Katzen unter dem Neoliberalismus leiden. Außerdem wird es höchste Zeit, einen Papierbären zu vergeben.

Ich habe viele Kritiken und Berichte über die Berlinale gelesen, in mehreren Sprachen. Den Papierbären für den weltweit meistverwendeten Satz bekommt „Die Berlinale ist politisch“. Die Bären für die meistverwendeten Formulierungen gehen, genau wie im Vorjahr, an „starke Frau“ und „alternder Mann“. Die radikalste Gesellschaftskritik hat Brenda Lien, Offenbach, geleistet, indem sie in ihrem Kurzfilm über Katzen zeigt, wie der Neoliberalismus ein würdevolles Katzenleben nahezu unmöglich macht. Zitat: „Auf dem globalen Spielplatz der Regulierungen wird der Katzenkörper verzehrt, ausgenutzt und kontrolliert.“ Dies gilt für alternde Kater ebenso wie für starke Kätzinnen.

„Vier Blocks“, so heißt die erste Neukölln-Mafia-Serie über einen kriminellen arabischen Clan. Der beste Berlinfilm dieses Jahres! Im Hause der Berliner Festspiele ging die Post ab. Versammelt war ein hippes Publikum, das vermutlich nur selten ARD oder ZDF einschaltet. Produzent ist der Pay-TV-Sender TNT, der zum Imperium von Ted Turner gehört, dem langjährigen Gatten von Jane Fonda.

Neuköllner Milieu

Gecastet wurde im Neuköllner Milieu, einige Darsteller spielen angeblich sich selbst, und der Neuköllner Pate Kida Khodr Ramadan ist für mich der drittbeste Mafiaboss nach Marlon Brando und Jack Nicholson. Das Ganze kopiert geschickt und ziemlich cool die amerikanischen Vorbilder – übrigens ist noch nie jemand auf die Idee gekommen, einem amerikanischen Mafiafilm antiitalienischen Rassismus oder die Verherrlichung von Kriminalität vorzuwerfen. Gegenspieler der arabischen Jungs ist eine Weddinger Rockergang, die deutsch geprägt ist, so viel dazu. Dann trat der Regisseur auf. Marvin Kren ist Österreicher. „Vier Blocks“ ist austriazistisch und verherrlicht das amerikanische Produzententum.

Bruno Ganz ist Schweizer und der erstaunlichste Schauspieler dieser Berlinale. In „The Party“ gibt er als Komödiant einen spinnerten Esoteriker, bei „In Zeiten des abnehmenden Lichts“ tritt er als DDR-Patriarch auf, nach Auskunft meines zunächst skeptischen Kollegen Knut Elstermann erledigt er auch das perfekt. Ganz gehört, ähnlich wie Dustin Hoffman in „Tootsie“ und Robin Williams in „Mrs. Doubtfire“, zu den alternden Männern, die sogar eine starke Frau spielen könnten.

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