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Kultur: Matthies meint: Sie Politiker, Sie!

Dies sind ja generell ein wenig lose Zeiten. Selbst die letzten Reservate des guten Geschmacks lösen sich auf, wie wir beispielsweise am Schicksal des deutschen Schlagers sehen.

Dies sind ja generell ein wenig lose Zeiten. Selbst die letzten Reservate des guten Geschmacks lösen sich auf, wie wir beispielsweise am Schicksal des deutschen Schlagers sehen. Wo früher Herz und Schmerz sich im Walzertakt drehten, teilen hoch erotisierte Sängerinnen heute gern weitere Details mit: "Meine Superpampelmusn sind der Gipfel in der Blusn". Dieser allgemeine Verfall trifft aber in immer stärkerem Maße auch die deutsche Beleidigungskultur. Während die Polizei letzte Bastionen verteidigt und immer noch jeden vor Gericht schleppt, der sich zu einem "Rindsviech, uniformiertes!" hinreißen lässt, hat die Rechtsprechung selbst längst kapituliert. Jetzt hat ein sächsisches Gericht dem sozialdemokratischen Chemnitzer Oberbürgermeister attestiert, dass sein herzhaftes "Arschloch" in Richtung eines Republikaners eine zulässige Meinungsäußerung und keine Beleidigung gewesen sei. Nichts gegen die Aussage an sich. Aber wenn deutsche Gerichte nicht einmal "Arschloch" beleidigend finden - wie wäre denn dann eine Beleidigung überhaupt noch kunstgerecht in Szene zu setzen? "Sie Politiker, Sie"? Es käme auf einen Versuch an.

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