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Kultur: Meditative Tränke

Jean-Michel Berg verliert sich im New Yorker Rauschen

Ein Obdachloser kauert an einer Hauswand, das Gesicht verborgen. Plötzlich dreht er sich um, vollführt eine wirre Pirouette über den Bürgersteig. Er bewegt sich auf die Kamera zu, und greift sich in der Drehung aus einem Müllcontainer eine leere Flasche, die er auf den Kameramann schmeißt. Einstudiert? Nein. Der Künstler Till Hohn hat diese Szene bei einem Streifzug durch New York zufällig gefilmt und in eine Dauerschleife geloopt. Nun ist seine Film-Klang-Installation mit dem Titel Stabledance bei 7hours im Haus 19 auf dem Campus der Humboldt-Universität zu sehen.

Soll uns das zu denken geben? Nein. Denn dies ist keine sozialkritische Flaschenpost aus den USA. Es soll nur wirken und den Raum bespielen. Es handelt sich um einen ehemaligen Stall mitten in Mitte, wo einst im Namen des Sozialismus mit Tieren experimentiert wurde. Davon ist nichts mehr zu spüren. Till Hohns Videoinstallation bespielt den Raum nicht nur, er überspielt ihn. Und der Betrachter verliert sich an der Tränke im wellenförmigen Rauschen des New-Yorker Straßenverkehrs.

Haus 19 c/o Humboldt-Universität, Campus Nord, Philippstr. 13/Reinhardstr. 4, Mitte,

bis Fr 15.6., Di-Sa 14-18 Uhr

Jean-Michel Berg

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