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Kultur: Mehr Licht

Schnelle Schadensanalyse im Irak: Experten tun, was sie können

Das Baugerüst am babylonischen Ischtar- Tor: ein Hoffnungszeichen? Was die durch Raub und Plünderung zerstörten Kulturstätten im Irak angeht, hat sich im Berliner Pergamon-Museum geballter Sachverstand versammelt: die Direktoren des Vorderasiatischen und des Islamischen Museums, Vertreter des Deutschen Archäologischen Instituts, der Universitäten und des Auswärtigen Amtes. Sie haben Ausgrabungen im Irak geleitet, kennen die Region und ihre Kulturstätten, haben Kontakt zu irakischen Kollegen, waren am vergangenen Donnerstag bei der Tagung der Unesco in Paris. Nur sehr viel Neues zu berichten haben sie nicht.

Bereits kursierende Zahlen werden bestätigt: Bis zu 170000 Objekte könnten in Bagdad verloren gegangen sein – noch gibt es keinen Strom, um die Depots bei Licht zu untersuchen. Auch sind viele Objekte aus jüngeren Grabungen noch nicht katalogisiert. Immerhin gibt es auch gute Nachrichten: In Basra wurden die Kulturstätten von britischen Militäreinheiten geschützt und blieben von Plünderungen verschont, konnte Museums-Generaldirektor Peter-Klaus Schuster nach einem Gespräch mit Neil McGregor, dem Direktor des British Museum, berichten. Die Museen der Provinzstädte Mossul und Trikrit sollen hingegen ebenfalls geplündert worden sein, berichtet Claus-Peter Haase, Direktor des Museums für Islamische Kunst. Und von den archäologischen Stätten auf dem Land, die besonders anfällig für Schatzgräber sind, weiß man noch nichts. „Es ist doch geschickter, ein Objekt aus einer illegalen Grabung mitgehen zu lassen als aus dem Museum, wo es inventarisiert ist“, so Ricardo Eichmann vom Deutschen Archäologischen Institut. Die Kataloge und Inventare sind das beste Hilfsmittel, das die Wissenschaftler ihren irakischen Kollegen bieten können. „Jedes von einem professionellen Archäologen ausgegrabene Stück wird dokumentiert und ist eindeutig zu identifizieren“, so Eichmann. Beate Salje, Direktorin des Vorderasiatischen Museums, zeigt dicke Kataloge mit Inventarnummern vor. Sie sollen jetzt mit anderen internationalen Projekten zusammengeführt werden, um möglichst schnell einen Verlustkatalog zu erstellen. Nur so lässt sich dem Schwarzhandel zumindest in Ansätzen Einhalt gebieten.

Am Dienstag soll ein Unesco-Vertreter zur Schadensanalyse nach Bagdad reisen, eine Sonderkommission von Interpol folgt noch im April. Ebenfalls kommende Woche wird ein Expertentreffen der Unesco in London sich mit dem Schwarzhandel befassen, der Anfang Mai in Lyon auch Thema bei Interpol sein wird. Denn schlechte Erfahrungen aus dem ersten Irak-Krieg lehren: Die Gefahr ist noch nicht vorüber.

Christina Tilmann

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