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Kultur: Mein Herz macht Boom Boom

Mit ihrem Album „In the Zone“ will Britney Spears endlich erwachsen werden

Madonna sorgt sich in letzter Zeit verstärkt um den Nachwuchs. Zuerst kamen Lourdes und Rocco, dann das Kinderbuch „The English Roses“, und jetzt kümmert sie sich auch noch um Britney Spears. Lourdes und Rocco, das kann man in den People-Magazinen nachlesen, sind ganz entzückende, hübsche Kinder. „The English Roses“ wurde kurz und schmerzlos und völlig zurecht von Elke Heidenreich in der Luft zerrissen. Was Britney betrifft, fordert Madonna sie in dem Titelsong „Me against the Music“ zum neuen Spears-Album „In the Zone“ (BMG) fast schon verzweifelt auf: „Come on Britney, loose control!“ Verliert Britney wirklich die Kontrolle? Und wenn ja, was um Gottes Willen würde das bedeuten?

Zunächst: Von der gleichgeschlechtlichen Ehe Madonna-Britney können beide Partner nur profitieren. Madonna erscheint plötzlich als selbstlose, gütige Alte, die die nachfolgende Pop-Prinzessinnen-Generation generös an ihrem Ruhm teilhaben lässt. Madonna ist natürlich völlig klar, dass Britney niemals auch nur im Entferntesten an sie heranreichen kann – daher wird Baby Britney höchstens als Reflektor funktionieren für Madonnas Einzigartigkeit. Der Reflektor selbst bemüht sich dagegen schon seit längerem in aller Öffentlichkeit, endlich erwachsen und damit ernst genommen zu werden. Erst kam das Gezerre um die mögliche Jungfräulichkeit der Spears. Dann sang sie: „I‘m not a girl, not yet a woman“. Ja, was denn nun, dachte man. Entscheide dich endlich!

Schließlich war es zwei Jahre mehr oder weniger still um die inzwischen 21-Jährige. Man sah sie auf Fotos, leicht speckig um die Hüften, mit Sonnenbrille, Schlapphut und XXL-Pepsi-Pappbecher in der Hand. Zuletzt posierte sie sogar mit dem neuen amerikanischen Shooting Star Private Jessica Lynch, mit deren Befreiung aus irakischer Feindeshand sich die Amerikaner sich während ihres Feldzuges im Frühling brüsteten. Dummerweise wird es ein Geheimnis bleiben, welche Tipps die beiden Amerikanerinnen sich gegenseitig für ihre Karriereplanung gaben. Britneys Leben dudelte so dahin. Bis Madonna kam, sie am blonden Schopf aus dem Schlamassel zog und wieder auf die Füße stellte. Jetzt soll Britney also erwachsen sein. Musikalisch, und auch sonst. Dabei liegt der Verdacht nahe, dass die Spears schon erwachsen wurde, als Musikproduzenten sie damals im Mickey-Mouse-Club entdeckten. Und nicht erst nach dem Kuss, über den Madonna später sagte, die kleine Britney habe „wie ein Aschenbecher“ geschmeckt. Ganz schön verrucht.

Eine neue Richtung eingeschlagen hat das Zonenkind mit seinem neuen Album trotz der Unterstützung von Madonna nicht. Es geht immer noch um Pop, Dance und nackte Haut. Es ist streckenweise geradezu langweilig, wenn man es mit den Platten ihrer weiblichen Konkurrenten vergleicht. Das Stück „Toxic“ ist mit Abstand das beste und damit dazu bestimmt, die Nachfolge-Single zu sein. In „Breathe on me“ verliert Britney wenigstens ein bisschen die Kontrolle: „Oh Boy, don‘t stop, because I‘m halfway there“, stöhnt sie, „my senses don‘t make sense at all.“ Leider klingt das, als würde sie versuchen, Jeanette Biedermann zu covern. Wirklich sexy kann nur klingen, wer entspannt ist. Britney zuckt aber in einer Art chronischem Krampf.

Ansonsten müssen die Produzenten des Albums sehr gelacht haben, als sie sich Songtitel ausdachten wie „(I got that) Boom Boom featuring Ying Yang Twins“ oder „Rishi Rich‘s Desi Kulcha Remix“.

Britneys Hauptkonkurrent ist ihr Ex-Boyfriend Justin Timberlake. Der hat es auf wunderbare Weise geschafft, sich mit einigermaßen interessantem R&B von seiner Ex-Boyband zu emanzipieren – ohne sich auf der Bühne von Michael Jackson oder sonstwem küssen zu lassen. Britney hat er gegen die 31-jährige Schauspielerin Cameron Diaz eingetauscht. Britney ist bestimmt heimlich schwer eifersüchtig auf Justin und die coole Cameron. Das merkt man der Platte an. Sie hält stur am alten Britney-Plätschermusik-Erfolgskonzept fest. Der Sound ist eventuell einen Tick moderner geworden: marktgemäß, aber ohne Fantasie.

Britney Spears: In the Zone (Jive Records/BMG)

Esther Kogelboom

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