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Kultur: Merkwürdiges im Iglu

Handwerklich hergestellte Salzbutter kommt überwiegend aus Frankreich - Unsere Probierrunde kostete

Butter ist nicht einfach ein Streichfett, das aus Milchrahm gewonnen wird. Ihre Verwendung in den Küchen rund um die Alpen, deren Spitzenstellung ja in besonderem Maß auf der Milchwirtschaft beruht, zeugt von einer einzigartigen Vielseitigkeit. Das gilt gleichermaßen für die salzige wie süße Seite der Kochkunst. Butter drückt jedem Gericht ihren Stempel auf, ohne einseitig zu sein wie etwa das Olivenöl. Zur cremigen Konsistenz gesellt sich ein durchdringendes, aber zugleich mildes, rundes Aroma, das beispielsweise der fernöstlichen Küche ganz abgeht. Es kann zwischen Zutaten gewissermaßen Brücken schaffen, geschmeidige Konsistenzen bilden und so etwas wie die Tiefe eines Gerichts herstellen.

Dennoch steht es gerade in Deutschland nicht unbedingt gut um sie. Sozusagen als abgesunkenes Kulturprodukt wirkt sich die industrielle Herstellung auf ihre Qualität aus sowie ihre nachträgliche Behandlung mit Milchsäurebakterien und Färbemitteln. Deshalb wollte sich die monatliche Testrunde ein klares Bild verschaffen und besorgte gesalzene Butter im hiesigen Handel.

Weil diese historische Form der Butter hierzulande vom Aussterben bedroht ist, langten hauptsächlich französische Sorten im Hotel de Rome an. Das Haus am Bebelplatz besitzt mit dem „Parioli“ ein Spitzenrestaurant mit mediterranem Einschlag und mit Jörg Behrend einen Küchenchef, der im Moment die interessantesten italienischen Gerichte in Berlin servieren lässt. Behrend verwendet sowohl Butter als auch Olivenöl und bringt damit sowohl den Norden des Landes als auch den Mezzogiorno zur Geltung.

Die „Ravensberger Fässchen-Butter“, eine der wenigen deutschen Testteilnehmer, kam dem Meisterkoch zu ölig vor und überpasteurisiert, so dass die geschmackliche Nähe zur Kaffeesahne durchaus gegeben ist. Die „Dänische Ökologische Thise Butter“ aus dem Biomarkt Joachimsthaler am Savignyplatz wirkte überraschend süß, obwohl sie mit einer Milchsäurekultur ins Säuerliche verschoben ist. Was der etwas schmalzigen Thise fehlt, dürfte eine überzeugende Frische sein. Umso deutlicher tritt ein geradezu bissiges Salz hervor und entwickelt eine eigene Agenda. Im Vergleich mit der rundum enttäuschenden „Hof Weidenfeld Manufactum Landbutter leicht gesalzen“ von Brot & Butter als auch dem merkwürdigen Butter-Iglu von „Président Meersalz Butter mildgesäuert“, die beide eher an Schmelzkäse erinnerten, präsentierte sich die hierzulande inzwischen zur französischen Supermarktbutter avancierte „Beurre D’Isigny Demi-Sel“ sehr manierlich. Obwohl ebenfalls leicht käsig, lebt diese Bistro-Butter von einer fast demonstrativen Unauffälligkeit.

Die sowohl im KaDeWe als auch in der Fleischerei Bünger erhältliche „Grand Fermage aux cristaux de Sel de Mer de Noirmoutier“ will es dagegen nicht jedem Recht machen. Sie setzt auf Charakter, den sie mit groben Kristallen und hoher Rahmigkeit zu erzeugen sucht. Doch gegen mineralische Spitzen, die auf der Zunge immer wieder Ausrufezeichen setzen, kommt der wie überschlagene Sahne wirkende Körper einfach nicht an. So bleibt es bei einer fettigen Süße im Gaumen, die sie mit der banalen „Beurre Verneuil Demi-Sel“ teilt. Für 1.78 Euro ist das Stück für KaDeWe-Verhältnisse allerdings auch sehr preiswert. Dafür kostet die „Le Montsûrais Gros sel de Guérande Agriculture biogique“ im Kaufhaus am Wittenberg 6,98 Euro, ohne dass ein maßgeblicher Unterschied auszumachen wäre. Neben einem grasigen Geruch und scharfem Salz entfaltet sich ein Beigeschmack, der an Frischkäse denken lässt. Die in der jüngst eröffneten Käsehandlung Knippenbergs in der Theke liegende Demi-Sel derselben Provenienz besitzt nur geringe Salzanteile, so dass vom ein bisschen stumpfen Gesamteindruck nicht abgelenkt wird.

Bei Lindenberg und im KaDeWe werden Spankistchen mit „Beurre Échiré Demi-Sel“ aus der Region Charentes-Poitou angeboten, deren Goldbarrenlook den tatsächlichen aromatischen Reiz wohl übertrifft. Dennoch stellt Échiré“ eine gelungene Mischung aus dichtem Rahm, klarer Buttrigkeit und einem Anflug von Frische dar. Brot & Butter offeriert mit „Le Beurre Bordier de Baratte Demi-sel“ ebenfalls ein Naturprodukt ohne viel Länge, das Behrend wegen der relativ neutralen Art bei einer Beurre blanc, für eine Saltimbocca oder zum Nachbraten eines Entrecôte benutzen würde. Aus den Galeries Lafayette stammte ein Proband, der mit enorm großen Salzkristallen aufwartete. „Paysan Breton aux cristaux de Sel de Guérande“ überzeugte jedoch durch einen grasigen Elan, den man von einer Weidebutter eigentlich auch erwarten darf.

Wesentlich friedlicher im Salz kam Lindenbergs „Beurre de Isigny Demi- Sel Gros Grains“ daher, die sich auf den dritten Platz schob. Die nicht vollständig emulgierte, mit Lufteinschlüssen versehene Masse gefiel wegen ihrer unregelmäßigen Struktur genauso, wie an ihr eine Note H-Sahne störte. Gehalt, Konsistenz und vor allem geschmackliche Länge entdeckte die Probierrunde bei Maître Philippes sahniger „Beurre baratté en Deux Sèvres“ Demi-Sel“, die mit ihrem Salzanteil von 3 Prozent eine schöne Säure konturiert.

Zurück bleibt beim Zweitplazierten des Tests auch der Eindruck einer festen Cremigkeit, die am Gaumen nicht verschmiert und auf der Zunge keinen unangenehmen Film hinterlässt (wie das bei industriell erzeugter Butter die Regel zu sein scheint). Den Sieger „La Baratte du Cremier Demi-Sel croquant“ lieferten Lindenberg und das KaDeWe. Hier stimmen Duft, Frische und ein Salz, das sich mit sanften Pieksen im Mund meldet, in seltener Harmonie überein. Hinzu kommen eine lebendige Säure sowie das, was man als Wiesenaroma bezeichnen könnte. Zusammen mit Schnittlauch auf Graubrot wäre dieser Ausnahmebutter bereits genüge getan.

Brot & Butter Manufactum, Charlottenburg, Hardenbergstr. 4-5

Frischeparadies Lindenberg, Charlottenburg, Morsestr. 2

Knippenbergs Lust auf Käse, Wilmersdorf, Ludwigkirchstr. 11

Maître Philippe, Wilmersdorf, Emser Str. 42

Neulandfleischerei Bünger, Charlottenburg, Westfälische Str. 53

Gastgeber:

Restaurant Parioli im Hotel de Rome, Mitte, Behrenstr. 37, Tel.: 4606 090

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