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Gastdirigent Michael Sanderling dirigiert mit kontrolliertem Feuer.

© Marco Borggreve

Michael Sanderling beim Konzerthausorchester: Glühwein für die Seele

Markig und mit Feuer: Gastdirigent Michael Sanderling und die niederländische Solisitin Noa Wildschut spielen Mozart und Bach mit dem Konzerthausorchester.

„Mit einem schwerelosen reinen Mozart-Programm“, so versprechen es die Veranstalter des Konzerthauses, „sorgen die junge Solistin, das Konzerthausorchester Berlin und Gastdirigent Michael Sanderling mitten im Vorweihnachtsstress für einen vollkommen entspannten und harmonischen Abend“. Das hört sich ein bisschen nach unverbindlicher Wellness-Bedudelung im Klassikradioformat an. Doch auch wer nach Spannung statt Entspannung sucht, wird nicht ganz enttäuscht. Schon die Idomeneo-Ouvertüre gestaltet Sanderling durchaus markig und mit einem zum Finale hin zunehmenden Feuer. Und die junge niederländische Solistin Noa Wildschut ist mit Mozarts Violinkonzert KV 219 sogar für kontroverse Pausendiskussionen gut. Sie geht das Stück frisch und mit zelebriertem, aber kontrolliertem Vibrato an. Doch dafür, dass sie 2017 ihr erstes Album ausgerechnet mit Mozartwerken vorlegen wird, fehlt ihrem Zugang zu diesem Komponisten doch Finesse und Variabilität.

Strahlt ihr kräftiger, großer Ton im ersten Satz noch etwas unprätentiös Rotbäckiges aus, wünschte man sich doch spätestens im Adagio und gerade in der Höhe mehr Sinn für Galanterie. Oft sind es dann die Holzbläser mit ihren präzise gesetzten, warmen Liegetönen, die mehr klangliche Ausstrahlung verströmen als die Solistin. Ihre größte Stärke kann Wildschut in den ausgedehnten Kadenzen entfalten, die ihr der Komponist Max Knigge auf den Leib geschrieben hat: Befreit von Rhythmus und strenger Form kommt hier ihre Lust am Fragmentarischen und Expressiven zum Ausdruck, die Mozarts Konzert nur teilweise befriedigen kann.

Sinn für Festlichkeit und Details

Mit Bachs Air als Zugabe schenkt Wildschut noch ein bisschen Glühwein für die Seele aus, bevor Sanderling und das Konzerthausorchester Mozarts Linzer Sinfonie zu einem ungetrübten Genuss sowohl für vor- wie auch zurückgelehnte Hörer machen. Gewiss schreibt Sanderling dessen Interpretationsgeschichte nicht neu, doch dirigiert er es mit kontrolliertem Feuer sowie mit Sinn für Festlichkeit und Details. So verleiht er auch scheinbaren Nebensächlichkeiten wie Haltetönen Bedeutung und Glanz und lässt Motive in bleibender klanglicher Ausstrahlung durch die Instrumentengruppen wandern.

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