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Kultur: Mit dem Bett auf hoher Fahrt

„Julius und die Geister“ im Grips Theater

Julius’ Mutter bringt es mit einem wütenden Ausruf auf den Punkt: „Mein Sohn ist nicht verrückt, er spinnt nur!“ Was nicht bedeutet, dass sie nicht auch fortwährend an der überbordenden Fantasie ihres Sprösslings verzweifeln würde. Der träumt sich von morgens bis abends in abenteuerliche Parallelwelten, in denen aus dem Bett der Ozean-Dampfer wird, die spottlustige Schulkameradin Lisa sich in die verständnisvolle Freundin Mirabella verwandelt – und sein abwesender Vater, Georg Ritter, als strahlender Ritter Georg auftritt. Was tun, um den Jungen in die Realität zu holen, wo Hausaufgaben statt Sahara-Durchquerung anstehen?

„Julius und die Geister“ heißt das Theaterstück für Menschen ab fünf Jahren von Volker Ludwig mit Musik von Thomas Zaufke, das 2002 am Grips-Theater Uraufführung hatte und jetzt in einer Neuinszenierung von Thomas Ahrens wiederum am Hansaplatz auf die Bühne kommt. Florian Rummel spielt den sechsjährigen Julius Heise, dessen liebevoll gehegte Hirngespinste erst erschüttert werden, als zum Entsetzen der Mutter (Claudia Balko) nach Jahren der echte Papa Georg (Jens Mondalski) unversehens vor der Tür steht – und so gar nichts Ritterliches an sich hat. Die Vater-Sohn-Begegnung beginnt demgemäß konfliktgeladen, mit Julius’ tränenersticktem Anwurf: „Warum hast du überhaupt gewollt, dass ich auf die Welt komme?“

Annäherung ist erst in Sicht, als sich herausstellt, dass Georg Ritter mindestens so viel Seemannsgarn spinnen kann wie Julius und gern auf Fantasie-Dschungeltour geht. Was Regisseur Ahrens sehr humorvoll und sympathiewerbend inszeniert. Zum einen bricht die Aufführung unaufdringlich eine Lanze für die imaginären Gefährten von Kindern, die eine Zeit lang tröstlich und wichtig sein können und nicht nach dem Psychiater verlangen. Zum anderen befragt sie ebenso behutsam die Gegenwart: Virtuelle Freunde sind heute schließlich auch bei den Älteren in großer Zahl verbreitet. Das nennt sich dann Facebook. Patrick Wildermann

Wieder am: 20. bis 23. Februar.

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