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Tagesspiegel-Autor Jörg Königsdorf ist mit den Berliner Philharmonikern auf Tour.

© Mike Wolff

Mit den Philharmonikern auf Tour (3): Zucker für die Förderer

Die Berliner Philharmoniker besuchen Australien. Tagesspiegel-Autor Jörg Königsdorf darf exklusiv mitreisen und berichtet online vom fünften Kontinent. Diesmal beschreibt er das Geben und Nehmen der "Förderer der Berliner Philharmoniker".

Eigentlich sehen Budelmanns aus wie ein ganz normales Berliner Rentnerehepaar. Hilmar Budelmann hat für den Ausflug auf dem Swan River eine alte Schiebermütze und einen beigefarbenen Seniorenblouson angelegt, seine Frau Gisela eine Jeanskombination, die stark an die Burda-Moden-Schnittmusterhefte der frühen Achtziger erinnert. Und keiner der beiden wirkt auch nur im Mindesten so mondän, wie man es von Leuten erwarten würde, die immerhin pro Nase an die zehntausend Euro für eine dreiwöchige Rundreise auf den Spuren der Berliner Philharmoniker hingelegt haben.

13 Mitglieder des Förderkreises sind dem Orchester bis hierher nach Perth gefolgt und unternehmen an diesem sonnigen Nachmittag eine Dampferfahrt auf dem Swan River, an dessen malerischen Ufern sich die Hauptstadt Westaustraliens erstreckt. Die ältesten Teilnehmer, die Wolframs aus Duisburg, sind beide schon über achtzig Jahre alt, ohne dadurch freilich den Altersdurchschnitt nennenswert nach oben zu treiben. Die Zusammensetzung der Gruppe sei allerdings nicht repräsentativ für den Förderkreis, sondern liege schlicht an der Jahreszeit, erläutert Herr Budelmann. Im November sei schon Weihnachtsgeschäft und da könne sich nun mal kein ein Selbstständiger drei Wochen lang frei machen.

Gemeinsam ist den rüstigen Rentnern nicht nur die Reiselust, sondern auch die Bereitschaft, für die Kunst etwas tiefer in die Tasche zu greifen. Jeder, der sich "Förderer der Berliner Philharmoniker" nennen will, muss das Orchester mit einer Summe von mindestens 1000 Euro pro Jahr unterstützen. Sie seien zwar schon lange vorher Abonnenten gewesen, erklärt Hilmar Budelmann, der früher als Diplomingenieur Industrieanlagen in aller Welt gebaut hat. Ihr Entschluss, die Philharmoniker zu fördern, sei jedoch erst über den persönlichen Kontakt zum Philharmoniker-Bratscher Matthew Hunter zustande gekommen, der mit dem Stradivari-Ensemble des Orchesters in ihrer Kirche in Zehlendorf gespielt habe und sich seinerseits für die J.F.-Kennedy-Schule engagieren würde. Was auf jeden Fall sehr sympathisch klingt.

Leute wie die Budelmanns werden immer wichtiger für die Kultur: Auch wenn die Gehälter der Orchestermusiker in Deutschland noch immer von der öffentlichen Hand bezahlt werden, kommt das Geld für die Extras wie besondere Projekte, Starsolisten oder sogar Instrumente immer öfter von den privaten Geldgebern.

Und die lockt man am besten, indem man ihnen selbst kleine, sorgfältig nach der Höhe des Förderbeitrags gestaffelte Extras anbietet. Ein Vorkaufsrecht für Karten, Probenbesuche, und für die Spendablen auch die Gelegenheit, mit den Musikern in Kontakt zu kommen. Denn nichts ist nun mal so verpflichtend wie persönlicher Kontakt - das haben sich die Philharmoniker längst von ihren Kollegen im Ausland abgeschaut. Auch die Musiker haben sich offenbar damit abgefunden, dass die Fanbetreuung Teil ihrer Arbeit ist.

An diesem Nachmittag ist Oboist Andreas Wittmann an der Reihe, die kleine Reisegruppe zu charmieren - eine Aufgabe, die dem langjährigen Orchestervorstand sogar Spaß zu machen scheint. Und natürlich ist die Gruppe auch anschließend zur Welcome Party mit eingeladen, die die Stadt den Philharmonikern ausrichtet: in Australien, wo die privaten Finanzquellen für die Hochkultur noch viel wichtiger sind als in Deutschland, weiß man um die Bedeutung solcher Gesten. Von der Anhänglichkeit, mit der die Mäzene amerikanischer Orchester ihren Schützlingen folgen, sind die Philharmoniker-Förderer allerdings Welten entfernt: Die beiden Reiserouten berühren sich nur sporadisch, die unternehmungslustigen Senioren haben neben zwei Konzertbesuchen auch noch einen Abstecher nach Hongkong und den Besuch des Ayers Rock im Reiseprogramm. Eigentlich, sagt Frau Budelmann fast entschuldigend, sei Australien für sie sogar noch wichtiger als die Philharmoniker. Und bei sonnigen 25 Grad im Schatten kann man das durchaus nachvollziehen.

Jörg Königsdorf

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