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Kultur: Mit Haut und Seele

Der chinesische Künstler Zhang Huan in der Berliner Galerie Volker Diehl

Vier Jahre ist es her, dass der Kurator Harald Szeemann auf der Biennale in Venedig in den Arsenale auch junge Kunst aus China zeigte. Vor allem Fotos dokumentierten Performances aus dem Reich der Mitte: Nackte Körper waren zu sehen, die zu einem kleinen „anonymen Berg“ geschichtet waren, Köpfe guckten ernst aus einem Teich – die dazugehörigen Körper sollten den Wasserstand heben. In ihrer unmittelbaren Körperlichkeit verstörten diese Bilder, es fehlten dem westlichen Betrachter Kriterien, sie zu beurteilen und dennoch blieben sie im Gedächtnis. Der Vergleich mit der Performancekunst und Body Art der Sechziger- und Siebzigerjahre führte nicht weit, zu konzeptuell, zu streng erschien das Vorgehen der jungen Chinesen. Das trifft vor allem für die bereits erwähnten Performances von Zhang Huan zu, der einmal als Maler seine künstlerische Laufbahn begonnen hatte. In der chinesischen Hauptstadt schloss er sich mit anderen Künstlern zu der losen Gruppe „Beijing East Village“ zusammen und realisierte an öffentlichen Orten unangekündigte, minutiös geplante Aktionen. Obwohl es so für die Polizei kaum möglich war einzugreifen, blieben Repressalien gegen die subtile Gesellschaftskritik dieser Kunst nicht aus.

Inzwischen hat der 1965 geborene Zhang Huan seinen Wohnsitz nach New York verlegt und ist mit den oft an seine physische Grenze reichenden Aktionen im internationalen Ausstellungsgeschäft eine feste Größe. Mit Fotografien und einem Film der Performance „12 Square Meters“ (Preise der Fotos zwischen 6300 und 19 000 Euro) zeigt die Galerie Volker Diehl einen Querschnitt seiner Arbeiten. Man sieht den Künstler mit einer Babypuppe im Schnee oder wie er sich nackt – beschmiert mit Honig und Fischöl – den Fliegenschwärmen einer öffentlichen Toilette aussetzt. Sein Gesicht lässt er mit Schriftzeichen bemalen, bis es vollkommen schwarz ist. Im Zentrum steht immer wieder die eigene Haut, die der Künstler zu Markte trägt und zur Projektionsfläche macht. Auch nach vier Jahren Kenntnis bleibt ein Teil dieser Kunst ungreifbar. Sie ist mehr als Körperkunst, weit mehr als politische Agitation. Zhang Huan stellt die grenzübergreifende Frage nach der menschlichen Existenz.

Galerie Volker Diehl, Zimmerstraße 88-91, bis 22. Mai; Dienstag bis Sonnabend 11–18 Uhr.

Katrin Wittneven

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