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Kultur: Mit Kafka rauf zum Fernsehturm

Auf Berlintrip: Porträts von Charles Szymkowicz

Über der hohen Dichterstirn Arthur Rimbauds explodiert das Haar, Pablo Picassos Gesichtsfalten erinnern an Gebirgslandschaften, und Käthe Kollwitz wirkt wie aus grobem Holz geschnitzt. „Gesichter der Erinnerung“, vor allem aber geistige Weggefährten malt der Belgier Charles Szymkowicz (Jahrgang 1948). In den kommenden Wochen werden die außergewöhnlichen Porträts des Neoexpressionisten an verschiedenen Kunstorten Berlins zu sehen sein: aufgewühlte und aufwühlende Gesichter zugleich.

Szymkowicz, nicht zuletzt ein Meister kühner Farbgestaltung, deformiert die Gesichter großer Persönlichkeiten wie Hannah Arendt, Kurt Weill, Otto Dix oder Max Beckmann bis zur Kenntlichkeit. In der Belgischen Botschaft hängen Porträts des französischen Poeten und Musikers Léo Ferré, die wie gemalte Schreie wirken. In Szymkowicz’ Bildern zittert die Erfahrung des Holocaust nach, die seine Familiengeschichte geprägt hat, obschon seine neueren Bilder nicht mehr direkt auf Massenmord und Pogrome Bezug nehmen. Bei gleichbleibender Ausdruckskraft zeugen die Gesichter dieses Malers von ungeheurer Experimentierwut: Franz Kafka (im Fernsehturm) wird zum aus wenigen Pinselstrichen gemeißelten Asketen, während die Rimbaud-Porträts (Belgische Botschaft) mit plastisch geschichteter Farbe im wahrsten Wortsinn aus dem Rahmen treten. Jens Hinrichsen

Galerie Eva Poll, Kunststiftung Poll, Belgische Botschaft, Institut Français und Fernsehturm am Alexanderplatz, bis 1. März. Katalog 20 €.

Jens Hinrichsen

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