zum Hauptinhalt
301407_0_b5af3f37.jpg

© promo

Möbel-Design: Je einfacher, desto besser

Moderne Möbel nach Maß gibt es in Berlin in allen Varianten. Der Kunde sollte aber wissen, was er will.

Am liebsten haben sie es, wenn der Kunde in den Laden mit einem Problem kommt. Wenn er einen Tisch sucht, der in einem Raum gleich mehrere Funktionen haben soll. Denn das kennen Mathis Burandt und Frank Skupin aus eigener Erfahrung als Architekten. Immer wieder suchten sie nach praktischen und ästhetischen Möbeln – und fanden sie nicht. Seit wenigen Wochen entwerfen und planen sie nun unter dem Namen „neue tische“ in Prenzlauer Berg eigene schlichte, leichte Möbel – auf den Kunden abgestimmt.

Über den Namen „neue tische“ haben die beiden Designer lange nachgedacht. Er ist Programm, denn er behauptet nicht mehr, als er ist. Wie die Tische, die in dem kleinen Schauraum in der Danziger Straße stehen. Den Laden haben Burandt und Skupin selbst hergerichtet. Die Wände sind teilweise geweißelt, teilweise haben die beiden Architekten Flächen mit Farbschichten vergangener Zeiten einfach stehen gelassen. Diese Patina ist ein schöner Kontrast zu den Möbeln, die sie hier zeigen.

„Es sind nicht mehr als Tische“

Die beiden Designer sagen selbst, dass ihr minimalistischer Stil an Entwürfe der HfG Ulm erinnern, einer der bedeutendsten Design-Schulen neben dem Bauhaus. Bewusste Referenzen an die Geschichte wollen sie aber nicht setzen. „Es sind nicht mehr als Tische“, sagt Frank Skupin. Ganz so einfach, wie er das ausdrückt, meinen es die zwei natürlich nicht. Je einfacher desto besser, das ist das Prinzip, nach dem sie Alltagsgegenstände entwerfen.

Basis aller Sideboards, Ess-, Schreib- und Beistelltische sind filigrane Gestelle aus Stahl, schwarz, weiß oder grau lackiert. Diese Rahmen kombinieren die beiden Architekten mit Materialien, die sie aus dem Innenausbau kennen: Seekiefer etwa, aus der auch Dielenböden oder Überseekisten gebaut werden. Das Holz hat eine charakteristische starke Maserung. Burandt und Skupin lassen es beschichten oder veredeln. Als Tischplattenmaterial verwenden die beiden Architekten auch Kautschuk, das normalerweise häufig als Fußbodenbelag genutzt wird. Kautschuk hat eine warme, samtige Oberfläche.

Tische in Knallgelb, Pink und Hellblau

301409_0_41c813c3.jpg
301409_0_41c813c3.jpg

© promo

Burandt und Skupin haben auch Mut zur Farbe: Im Laden liegen Muster in Knallgelb, Pink und Hellblau. Und sie haben einen idealistischen Ansatz: Sie wollen den Blick für das Wesentliche schärfen, für die Einfachheit und Schönheit der Form. Und gleichzeitig dem reinen Zweck dienen: Einige ihrer Möbel sind mehrachsige Trägerkonstruktionen, in die man je nach Bedarf entweder Platten einhängen kann oder Kisten- und Schubladenelemente.

Der Kunde kommt am besten nicht nur mit den Maßen für sein neues Möbel zu ihnen, sondern auch mit einem Foto von dem Ort, wo es später einmal stehen soll. „Wir sind aus der Architektur gewöhnt“, sagt Burandt, „dass wir in der Umgebung nach Ansatzpunkten suchen, an die man anknüpfen kann.“ Spurensuche nennen die beiden das. Der Kunde wird in den Planungsprozess eingebunden. Schließlich solle er sich später mit dem neuen Möbel identifizieren, sagt Skupin. Für die Verarbeitung und Herstellung des Möbels arbeiten die Inhaber von „neue Tische“ mit Schlossern, Lackierern und Schreinern in Berlin zusammen.

Alte Schubladen werden zu neuen Möbeln

Mit der Foto-Technik arbeitet auch die Möbeldesignerin Franziska Wodicka. Am hilfreichsten sind hier Aufnahmen von der ganzen Wohnung, damit sie sich über den Geschmack des Kunden den besten Eindruck verschaffen kann. Franziska Wodicka verarbeitet alte Schubladen zu neuen Möbeln – ebenfalls nach Maß. Dazu baut sie um sie herum einen Korpus aus weiß oder schwarz lackierten Holzfaserplatten, sogenannten MDF-Platten. Ein schlichter Rahmen, damit die ehemaligen beschrifteten Apothekerschublädchen, verschnörkelten Kommodenfächer oder abgegriffenen Küchenschrankteile schön zur Geltung kommen. Natürlich kann Franziska Wodicka in ihrem Laden in der Kreuzberger Böckhstraße auf Millimeter genau nach Kundenwunsch arbeiten. Lieber ist ihr jedoch, wenn sie ein bisschen Spielraum hat. Dann kann sie die verschiedenen Elemente mit den unterschiedlichsten Breiten und Tiefen besser miteinander kombinieren. Die Puzzlearbeit liegt ihr, sagt sie.

Der Kunde sucht sich entweder die Schubladen selbst in ihrem Lager aus, oder die Designerin macht Vorschläge. Der gestapelte Fundus reicht wändeweise bis unter die Decke. Von der ersten Planung bis zur Fertigstellung der individuellen Stücke vergehen schon mal drei Monate. Der Kunde soll sich in seine Schubladen und in seine individuelle Kombination verschiedener Stile und Farben verlieben können, wünscht sich Franziska Wodicka.

Mischung aus Alt und Neu, Sachlich und Verspielt

Die meisten Einzelteile hat die Designerin vom Trödler. Dort landen die Schubladen, wenn etwa der Rest eines Schranks schon längst kaputt ist. Denn sie sind meistens der robusteste Bestandteil alter Möbel. Früher verzahnte der Schreiner die aufeinandertreffenden Flächen an den Ecken, das macht sie unverwüstlich. Heute arbeitet so keiner mehr. Die Bretter werden verleimt oder gesteckt.

Die Mischung aus Alt und Neu, Sachlich und Verspielt kommt gut an, sagt Franziska Wodicka. Ein Exemplar, ein großes Sideboard, steht gerade bereit zum Abtransport in ihrem Geschäft, das sie „Schubladen“ genannt hat. Es soll zu einem Kunden nach New York gehen. Wie Mathis Burandt und Frank Skupin von „neue tische“ lässt auch Franziska Wodicka ihre Entwürfe in Berlin bauen.

Zur Startseite