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Kultur: Montenegro im Wandel: "Wir machen unseren Staat für uns selbst"

Branko Lukovac ist Außenminister der jugoslawischen Teilrepublik Montenegro. Er gilt als überzeugter Verfechter einer Unabhängigkeit von Belgrad.

Branko Lukovac ist Außenminister der jugoslawischen Teilrepublik Montenegro. Er gilt als überzeugter Verfechter einer Unabhängigkeit von Belgrad.

Herr Außenminister, die Regierung hat die Wahlen als ersten Schritt Richtung Unabhängigkeit präsentiert. Wann folgt der nächste Schritt, das Referendum?

Die Wahlen und die Frage der Unabhängigkeit sind eng miteinander verknüpft. Die Opposition hat vorgezogene Wahlen zur Bedingung für die Teilnahme an der Volksbefragung gemacht. Das Abkommen mit der Opposition sieht vor, dass der Präsident an der ersten Sitzung des Parlaments das Referendum vorschlagen wird. Ich hoffe, wir werden es bis Ende Juni abhalten können.

Die EU und die USA haben einem Alleingang Montenegros bisher eine klare Absage erteilt.

Wir nehmen diese Meinungen zur Kenntnis. Aber der künftige Status Montenegros ist zuerst einmal unsere eigene Angelegenheit. Wir machen unseren Staat für uns selbst. Wir sind absolut sicher, dass die internationale Gemeinschaft am Ende den Willen unserer Bevölkerung akzeptieren wird.

Aber Milosevic ist gestürzt. Da gibt es doch jetzt keinen Anlass mehr für einen Austritt aus dem Bundesstaat mit Serbien.

Als kleinste Republik des ehemaligen Jugoslawien haben wir einen hohen Preis bezahlt. Die letzten zehn Jahre haben uns ein halbes Jahrhundert gekostet. Wir brauchen noch einmal fünfzehn Jahre, um wieder dort anzukommen, wo wir Ende der 80er Jahre waren. Heute geht es uns so wie Slowenien, Kroatien oder Bosnien. Wir wollen es nicht mehr hinnehmen, dass Entscheidungen über unser Leben und unsere Zukunft woanders gefällt werden.

Der Westen fürchtet den Dominoeffekt. Nach einem Alleingang Montenegros wäre auch die Unabhängigkeit für das Kosovo nur schwer zu verhindern.

Das Kosovo-Problem ist älter als der Zerfall Jugoslawiens. Die Wurzeln des Konflikts im Kosovo liegen in Serbien und nicht in Montenegro. Wir lassen uns da nicht zu Geiseln machen.

Vertreter der wichtigsten westlichen Staaten haben gedroht, Montenegro im Falle eines Alleingangs den Geldhahn zuzudrehen. Gibt Ihnen das nicht zu denken?

Das ist eine Standardreaktion. Die Staatengemeinschaft zieht traditionell den Status Quo vor. Die Reaktion hat auch damit zu tun, dass bisher Unabhängigkeitsforderungen auf dem Balkan in blutigen Kriegen mündeten. In Montenegro wird die Minderheit die Option der Mehrheit akzeptieren. In Slowenien oder Kroatien gab es Krieg, weil Serbien den Aufstand organisierte. Heute gibt es keine Macht mehr, die von außen Unruhen provozieren kann. Ich bin im Gegenteil hoffnungsvoll, dass Serbien unter den ersten sein wird, die uns anerkennen werden.

Wäre denn Montenegro als neuer Ministaat auf dem Balkan ohne Hilfe von außen wirtschaftlich überlebensfähig?

Selbstverständlich. Montenegro erhält derzeit Hilfe von etwa hundert Millionen US-Dollar im Jahr. In den 80er Jahren haben wir alleine aus dem Tourismus und der Handelsmarine 400 Millionen Dollar erwirtschaftet. Heute sind wir nahe bei Null. Im letzten Jahr haben wir aus dem Tourismus 17 Millionen Dollar eingenommen. Weil jemand anders über uns entschieden hat, sind wir heute wirtschaftlich zerstört. Wir müssen jetzt unsere Infrastruktur radikal modernisieren.

Herr Außenminister[die Regierung hat die Wa]

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