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Kultur: Mord in der Wüste

Für ihren Film „Bordertown“ wurde JENNIFER LOPEZ gestern Abend mit dem „Artists for Amnesty Award“ ausgezeichnet

Es ist üblich, dass Drehbücher sich im Voranschreiten eines Filmprojekts verändern und, geht es um einen aktuellen Stoff, den Ereignissen angepasst werden. Doch nur selten sind die notwendigen Revisionen so tragisch wie im Falle von „Bordertown“. 1998 hatte Jennifer Lopez durch Regisseur und Autor Gregory Nava von der Serie verschleppter, vergewaltigter und ermordeter Frauen in den mexikanischen Städten Ciudad Juarez und Chihuahua erfahren und war sofort bereit, bei seinem Film mitzumachen. Damals waren es 150 Tote, eine über die Jahre kontinuierlich steigende Zahl. Heute werden über 400 junge Frauen vermisst, aus offenbar wirtschaftlichen Gründen wurden die Morde von den Behörden lange Zeit verschwiegen. Viele der Opfer hatten in den florierenden Billiglohnfabriken an der Nordgrenze Mexikos gearbeitet.

Eine Feier mit alles andere als freudvollem Hintergrund also, die gestern Abend im Club-Restaurant „Solar“ in der Kreuzberger Stresemannstraße stattfand, obwohl doch eine der glamourösesten Frauen dieser Berlinale im Mittelpunkt stand: Wegen ihrer Mitarbeit in „Bordertown“ als Schauspielerin und Produzentin wurde Jennifer Lopez von Amnesty International (ai) mit dem „Artists for Amnesty Award“ ausgezeichnet. Für die Übergabe hatte die Gefangenenhilfsorganisation einen gleichfalls prominenten Berlin-Besucher gefunden: José Ramos-Horta, der 1996, gemeinsam mit seinem Landsmann Bischof Carlos Filipe Ximenes Belo, für seine Rolle bei der Loslösung Osttimors von Indonesien mit dem Friedensnobelpreis geehrt worden war und seit letztem Jahr Premierminister des südostasiatischen Staates ist.

Auch die Mütter zweier Opfer waren anwesend und forderten von der mexikanischen Regierung Schritte gegen die andauernde Mordserie. Beide hatten „Nuestras Hijas de Regreso a Casa“ mitbegründet, eine in Juarez, der Grenzstadt gegenüber dem texanischen El Paso, ansässige Organisation der betroffenen Familien. Für Norma Andrade, war es gestern der sechste Jahrestag, an dem ihre 17-jährige Tochter Lilia gekidnappt worden war, wenige Tage später hatte man deren Leiche gefunden. Auch Antonio Banderas, Mitspieler von Jennifer Lopez in „Bordertown“, war bei der Feier anwesend.

In dem Film des Regisseurs Gregory Nana spielt die Mexikanerin Maya die Arbeiterin Eva, die auf der Fahrt von der Fabrik nach Hause vom Busfahrer und einem zweiten Mann vergewaltigt und fast getötet wird. Bei einem mexikanischen Journalisten und seiner US-amerikanischen Kollegin, gespielt von Banderas und Lopez, findet sie Hilfe – die Tragödie als Thriller. Die Story ist an den Fall eines 14-jährigen Mädchens angelehnt, das wie die Filmfigur von einem Busfahrer vergewaltigt, schwer verletzt und in der Wüste ausgesetzt wurde.

Dass sie den Preis erhalte, bewege sie tief und sie fühle sich sehr geehrt, sagte Jennifer Lopez in ihren Dankesworten. Sie hoffe, dass der Film die Augen der Menschen für diese Tragödie öffne. Kurz wandte sie sich auch auf Spanisch, sichtlich gerührt, an die beiden Mütter.

Mit ebenfalls anwesenden Ehemann Marc Anthony hat Lopez den Song „Porque La Vida Es Asi“ produziert, der den Frauen von Juarez gewidmet ist. Und von ihr geplant war auch der Start einer Website, auf der die Morde und die Aktivitäten zu ihrer Aufklärung verzeichnet werden sollen. In die deutschen Kinos kommt „Bordertown“ bereits in der nächsten Woche. Heute steht die internationale Premiere bevor, um 19.30 Uhr im Berlinale-Palast – mit J. Lo als strahlendem Mittelpunkt.

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