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Titan der ärztlichen Kunst: Dr. Müller-Wohlfahrt

© dpa-bildfunk

Müller-Wohlfahrt muss zu Bayern zurück!: Die Stadt, der Mull und der Glanz

Was wird aus München, wenn Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt jetzt auch abtaucht? Das Image der Stadt als Hochburg des halbseidenen Glitters ist jedenfalls schwer angekratzt.

Beim Fußball gehe es nicht um Leben oder Tod, sagte der einstige Liverpooler Teammanager Bill Shankly mal, „Fußball ist viel wichtiger.“ In München muss man das niemandem erklären, hier residiert der FC Bayern, und wenn wir die Posse um den Abgang des Vereinsarztes Müller-Wohlfahrt richtig interpretieren, dann haben einige Beteiligte nicht so recht mitbekommen, dass es hier tatsächlich um viel mehr geht als um den Streit zwischen einem Fußballtrainer und einer medizinischen Abteilung.

Der FC Bayern ohne den gottgleichen „Mull“ – das wird nicht nur den Verein, sondern die ganze Stadt in eine tiefe Krise stürzen. Hier ist Fußball viel mehr als Sport, es ist Inszenierung, großes Theater, Symptom eines überbordenden, hysterischen Größenwahns. Mia san mia, unsere Stadt ist die schönste, reichste, aufregendste und führt alle Städte-Rankings der Welt an. Müller-Wohlfahrt war fester Bestandteil dieser Hybris.

In den Klatschkolumnen der Zeitungen und Magazine schien er regelmäßig auf, bei Vernissagen und Premieren, gerne in der Nähe eines anderen Titanen der ärztlichen Kunst, dem Schönheitschirurgen Werner Mang, der zahlreichen prominenten Münchnerinnen zu neuen Nasen und spektakulären Schlauchbootlippen verholfen hat – zu Terminen fährt er stets mit seinem mattweißen Lamborghini. Müller-Wohlfahrt seinerseits steht im Ruf, über die größte und teuerste orthopädische Praxis des Planeten zu herrschen; auf einen Termin müssen auch Privatpatienten mehrere Monate warten.

Mang, Moshammer, Müller-Wohlfahrt - eine aussterbende Art

Allein, Figuren wie Mang und Müller-Wohlfahrt gehören einer aussterbenden Art an. Männer wie der Edelschneider Rudolph Moshammer, der sich als Relaunch des Sonnenkönigs Ludwig XIV. inszenierte. Oder Helmut Dietl, der sein Schwabinger Lieblingslokal jahrelang ausschließlich im weißen Anzug betrat. Müller-Wohlfahrt war 2004 sogar Gegenstand eines (leider grottenschlechten) Theaterstücks, das der Musiker, Kabarettist und ehemalige Oberarzt Georg Ringsgwandl auf die Bühne des Residenztheaters gebracht hatte: „Mull“ als exaltierte Prominentenarzt-Karikatur mit wehendem schwarzem Haupthaar.

Was wird aus München und dem FC Bayern, wenn Müller-Wohlfahrt jetzt auch wegfällt? Den Ruf als heimliche Hauptstadt hat die Stadt schon verloren, und nun ist auch noch das Image als Hochburg des halbseidenen Glitzers in Gefahr.

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