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Kultur: Müllkippe Meer: "Der Skandal sind die regelmäßigen Einleitungen"

Christian Bussau (38) ist Meeresbiologe bei Greenpeace. Die Umweltschutzorganisation schickte ihr Schiff "Beluga" zur Unglücksstelle.

Christian Bussau (38) ist Meeresbiologe bei Greenpeace. Die Umweltschutzorganisation schickte ihr Schiff "Beluga" zur Unglücksstelle.

Was bedeutet der Untergang der "Ievoli Sun" für die betroffene Region?

Die "Ievoli Sun" hatte 6000 Tonnen Chemikalien an Bord. Aber der Ärmelkanal und die Nordsee sind ein Meeresgebiet, das ohnehin schon sehr stark belastet ist. Alleine durch den Normalbetrieb von 400 Öl- und Gasplattformen gelangen jährlich mehr als 100 000 Tonnen giftige Chemikalien und mindestens 16 000 Tonnen Öl in die Nordsee. Die Belastung der Nordsee ist jetzt um 6000 Tonnen gestiegen. Das ist schlimm, aber der eigentliche Skandal sind die regelmäßigen Einleitungen. Experten zufolge sind mindestens 5000 Quadratkilometer Nordseeboden stark verschmutzt - das ist ein Gebiet von der Größe des Saarlandes.

Welche Schäden erwarten Sie für die Region?

Nach Auskunft von Shell sind die Stoffe abbaubar. Also erwarten wir keine Langzeitschäden. Aber akut können Fische, Muscheln oder Krebse geschädigt werden und sterben. Und die Substanzen, die jetzt als öliger Film auf der Wasseroberfläche schwimmen, werden von landenden Vögeln aufgenommen. Eine der Chemikalien, Styrol, ist ein Atemgift, das zu Verätzungen führen kann. Für genaue Vorhersagen ist es aber noch zu früh.

Die Unfallregion ist immer wieder als Müllkippe für gefährliche Abfälle benutzt worden. Welche Wechselwirkungen mit bereits vorhandenen Abfällen sind zu befürchten?

In der Nähe des Unfallortes wurden in einem Graben in der Vergangenheit radioaktive Abfälle und Munition von den Engländern vergraben. Dort liegen 58 000 Fässer mit radioaktivem Abfall aus den 50er und 60er Jahren. Insgesamt liegen dort nach Angaben der internationalen Atomenergiebehörde 16 500 Tonnen radioaktiver Abfälle. Ob es jetzt zu Wechselwirkungen kommt, hängt davon ab, ob die Stoffe aus dem Schiff damit in Kontakt kommen. Das ist im Moment noch Spekulation.

Würden Sie Urlaubern jetzt davon abraten, ihre nächste Reise an den Ärmelkanal oder an die Nordsee zu machen?

Das ist sehr schwer zu sagen. Ich habe zwei kleine Kinder und würde mich fragen, ob ich da wirklich hinfahren will. Aber man sollte jetzt warten, ob und was jetzt wirklich an Land gespült wird. Denn die Menschen dort leben vom Tourismus, und wenn sich dort, wo man hinfahren möchte, nichts Gefährliches feststellen lässt, dann sollte man dort auch hinfahren. Aber es muss jedem klar sein, dass es eben eine gewisse Grundbelastung der Nordsee gibt.

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