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MULTIKULTI, ENTZAUBERTRichard Wagner liest aus „Das reiche Mädchen“: Am Faden der Geschichte

Alles beginnt mit einem Interview zwischen Bille, der gelernten Ethnologin, und Dejan, dem Flüchtling. Sie ist Deutsche, er ein Rom.

Alles beginnt mit einem Interview zwischen Bille, der gelernten Ethnologin, und Dejan, dem Flüchtling. Sie ist Deutsche, er ein Rom. An einem Tisch sitzen sie einander gegenüber, sie befragt ihn nach seinen Fluchtgründen, er antwortet ihr, weitschweifig. „Sie sprechen wie Menschen, die am Faden ihrer Geschichte hängen“, konstatiert Richard Wagner, der 1952 geborene deutsche Schriftsteller aus dem rumänischen Banat. Er weiß, wovon er spricht, er kennt das Procedere solcher für die Betreffenden peinlichen Befragungen, denn Wagner kam 1987 selbst als Aussiedler in die Bundesrepublik. Nun hat er für seinen neuen Roman ein Paar erfunden, das nur auf den ersten Blick exotisch anmutet.

Wagner geht es darum, die multikulturellen Mythen, mit denen wir uns eingerichtet haben, zu entzaubern. Das hat er jüngst wieder in seinen brillant geschriebenen Sachbüchern über die Geschichte und Kultur des Balkans („Der leere Himmel“, 2003) und in der Sammlung „Der Deutsche Horizont – Vom Schicksal eines guten Landes“ (2006) getan. Und das tut er, bisweilen, auch hier, auf die Gefahr hin, eigene Ansichten allzu deutlich seinen Protagonisten anzudichten. Für diese Art von Räsonnement scheint die Rahmenhandlung seines neuen Romans „Das reiche Mädchen“ (Aufbau Verlag) überhaupt erst erfunden worden zu sein: Drehbuchautor trifft Regisseurin, um zusammen mit ihr ein Filmprojekt voranzutreiben. Ein Buch der so sorgfältig wie lakonisch verschränkten Gegensätze: Arm und Reich, Fanatismus und Gleichgültigkeit. Im Buchhändlerkeller liest Richard Wagner nun daraus. Volker Sielaff

Buchhändlerkeller, Do 20.12., 20.30 Uhr, 3 €

Volker Sielaff

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