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Kultur: Musik in Berlin: Schrei nach Leben

Die schönste Oper Giuseppe Verdis sei sein "Requiem", werden Verehrer wie Feinde des großen Italieners bis heute nicht müde zu behaupten. Dem Publikumszuspruch nach auch die beliebteste: Vor dem Schauspielhaus recken sich dem hineineilenden Besucher Hilfe suchende "Suche Karte"-Hände entgegen, der Große Saal ist bis auf den letzten Stehplatz gefüllt.

Die schönste Oper Giuseppe Verdis sei sein "Requiem", werden Verehrer wie Feinde des großen Italieners bis heute nicht müde zu behaupten. Dem Publikumszuspruch nach auch die beliebteste: Vor dem Schauspielhaus recken sich dem hineineilenden Besucher Hilfe suchende "Suche Karte"-Hände entgegen, der Große Saal ist bis auf den letzten Stehplatz gefüllt. Und das bei der Konkurrenz von Daniel Barenboim und der Staatskapelle in der Philharmonie. Doch wer auf die weniger glänzenden Namen setzte, hatte nicht die schlechtere Wahl getroffen. In Hochform zeigt sich nicht nur Claus Peter Flor, seit langem wieder einmal am Pult "seines" Berliner Sinfonie-Orchesters anzutreffen. Das pariert seinem ehemaligen "General" aus Vorwendezeiten aufs Wort, beweist mit Feuereifer seinen Zuwachs an Präzision und Präsenz im Vorfeld der Ära Inbal. Ein womöglich noch brillanterer Klangkörper ist der Slowakische Philharmonische Chor, 1946 als Rundfunkchor Bratislava gegründet und unter seiner heutigen Leiterin Blanka Juhanáková zu höchst eindrucksvollem Format gelangt. Die Klangpracht und Fülle dieser Stimmen lässt sich bereits im geraunten "Requiem" erahnen, um sich zum "ewigen Licht" zart leuchtend zu erheben und im "Dies irae" alle Blitze des Höllenfeuers zu schleudern. Da bebt der ganze Raum. Die glänzenden Fanfaren des Jüngsten Gerichts, die schäumenden Streicherfiguren zur trotzig aufspringenden Chorfuge im "Sanctus" - kein instrumentaler und vokaler Effekt wird hier ausgelassen, formt sich zum höchst irdischen, kein bisschen transzendenz-freudigen Schrei nach Leben. So sinnlich lebensprall auch die Solisten: allen voran Lioba Braun mit der Dämonie großer Mezzo-Rollen (Eboli, Kundry) in der pulsierenden Stimme; bisweilen etwas scharf, doch packend dramatisch im "Libera me" die für Anne Schwanewilms eingesprungene Sopranistin Helen Bickers; Glenn Winslade mit berückendem Tenor-Piano; Carsten Stabell mit majestätischem Bass. Die Höllenangst, sie ist doch oft zum Weinen schön.

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