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Kultur: Musik in Berlin: Zu dir oder zu mir?

Es gibt Programmdoubletten, die eignen sich als Beziehungsspalter: Hören wir Beethovens Violinkonzert mit Jungstar Maxim Vengerov, so lautete am Dienstag die Frage - oder gehen wir lieber am Mittwoch zu den Originalklangexperten des Freiburger Barockorchesters, wenn sich Petra Müllejans auf das Stück stürzt?Nun, die Mehrheit der Berliner war zu Vengerov und Daniel Barenboim ins Schauspielhaus geströmt.

Es gibt Programmdoubletten, die eignen sich als Beziehungsspalter: Hören wir Beethovens Violinkonzert mit Jungstar Maxim Vengerov, so lautete am Dienstag die Frage - oder gehen wir lieber am Mittwoch zu den Originalklangexperten des Freiburger Barockorchesters, wenn sich Petra Müllejans auf das Stück stürzt?

Nun, die Mehrheit der Berliner war zu Vengerov und Daniel Barenboim ins Schauspielhaus geströmt. Nicht eben unaffektiert schmiegte der smarte Virtuose seine Wange an das Instrument. Da schloss man besser die Augen, um sich ganz auf Vengerovs leichte, harzig duftende und singende Tongebung zu konzentrieren. Doch auch so wollte der Solist an diesem Abend einfach nicht abheben. An der bestens aufgelegten Staatskapelle lag das nicht, auch nicht an Barenboim mit seinen sehr gemäßigten, aber mit langem Atem ausmusizierten Beethoven-Tempi und den warm ausschwingenden Melodiebögen. Es ist der Fluch der edlen Oberfläche, dass auf ihr die kleinsten Kratzer bekümmern - und kleine Flüchtigkeitsfehler in Tongebung und vor allem in der Intonation nahmen gegen Ende bei Vengerov einfach zu.

Wie viel entspannter ging es da im Kammermusiksaal bei den Freiburgern zu. Kein Wunder, dass Petra Müllejans technisch "nur" ordentlicher Beethoven-Vortrag lebendiger wirkte, und ihre Kadenzen so frisch improvisiert schienen, dass selbst Dirigent Roy Goodman mit aufgerissenen Augen auf den erlösenden Triller wartete. Den Spannungsbogen über drei Sätze hatte allerdings auch Goodman nicht heraus, so spritzig er im Detail gestalten mochte.

Das gelang erst nach der Pause in Mendelssohns "Schottischer" Sinfonie, wo die Freiburger die gewöhnlich über dieser Partitur wabernden Nebelschwaden beherzt hinwegbliesen. Allenfalls im Adagio fragte man sich, wozu die Geigenkantilenen hier eigentlich trösten, wenn die kontrastierenden Bläsereinwürfe nicht schicksalhaft dräuend, sondern heroisch schmetternd, wie in lustigen bunten Uniformen gespielt werden. Befreiter jedenfalls verließ man den Kammermusiksaal als am Vorabend das Schauspielhaus. Dort hatten Barenboim und seine Musiker zum Schluss zwar einen sauberen und kraftvoll-konzentrierten, aber gemessen an dem orgiastischen Sujet doch etwas frühlingsmüden "Sacre du Printemps" von Igor Strawinsky gefeiert.

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