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Genia Kühmeier, Jonathan Nott und die Bamberger Symphoniker

© Kai Bienert

Musikfest Berlin: Väter und Töne

Jonathan Nott und die Bamberger Symphoniker machen beim Musikfest gemeinsam mit Pierre-Laurent Aimard Helmut Lachenmanns "Ausklang" zu einem sinnlichen Klangerlebnis.

Am Anfang sind sie nur zu zweit auf dem Podium. Christian Schmitt, Gast-Organist der Bamberger Symphoniker, inszeniert zusammen mit seiner Registratur-Assistentin Max Regers Opus 135b als Raumklangspektakel. Vom mittig platzierten Spieltisch aus werden im Fantasie-Teil alle Effekte der Philharmonie-Orgel aktiviert, von gregorianischer Archaik bis zum wüsten, stahlgewittrigen Rauschen, bevor sich die Fuge dann im dichtesten kontrapunktischen Stimmgeflecht entfaltet. Ein überwältigender Beginn, vom halb vollen Saal mit doppelt lautem Applaus gefeiert.

Ganz zart, fast selbstvergessen singt Genia Kühmeier anschließend die „Vier letzten Lieder“ von Richard Strauss. Weich eingebettet in den Orchesterklang bleibt ihr Sopran, wenn sie beseelt Abschiedsverse von Hesse und Eichendorff in Töne fasst: „Der Sommer schauert still seinem Ende entgegen“. Seismografisch fein reagieren Jonathan Nott und die Bamberger Symphoniker auf diesen Interpretationsansatz, enthalten sich aller übermäßigen Schwelgerei, lassen die Musik frei fließen, schlicht und schön.

Wie schwer es ist, über Musik zu sprechen, zeigt Helmut Lachenmanns Eigenanalyse seiner „Musik für Klavier und Orchester“. Von „rhythmisierten Umbauprozessen“ ist da die Rede, von gefilterten Kantilenen oder einem „perforierten Riesenkantabile“. Glücklicherweise ist der 50-minütige „Ausklang“ von 1985 nicht nur Kopfgeburt, sondern auch ein sinnliches Vergnügen, ungemein fantasievoll und vielgestaltig, stets vorwärtsstrebend, oft elektrisierend. Vor allem, wenn ein so versiertes Orchester wie die Bamberger mit einem Solisten wie Pierre-Laurent Aimard zusammenfindet. Mit einem Virtuosen, der jedem einzelnen Ton Gewicht und Gesicht zu verleihen vermag, der auch im scheinbar zusammenhanglos Improvisierten das große Ganze nie aus den Augen verliert. Am liebsten würde man diesem fantastischen Klangabenteuer unerhörter Töne als Zuhörer auch ein paar eigene Geräusche hinzufügen. Aber natürlich reicht’s dann doch wieder nur zum Ineinanderschlagen der Hände nach dem Schlusston.

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