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Kultur: Mut zur Lücke

SKULPTUR

Sogar aus der Privatgarage hob man einige Schätze aus dem umfangreichen Werk des Bildhauers Michael Croissant . Der frühere Professor an der Frankfurter Städelschule machte nicht viel Aufhebens um sein vielfältiges Schaffen, doch er gehört zu den wichtigen figurativen Bildhauern der deutschen Nachkriegskunst.

Das Georg-Kolbe-Museum bietet nun einen Querschnitt durch das Lebenswerk des 2002 verstorbenen Künstlers (Sensburger Allee 25, bis 31. August, Di-So 10 bis 17 Uhr). Und der Besucher erlebt manche Überraschung: So waren Croissants TierKleinplastiken bisher selten öffentlich zu sehen, Werke, die er bis in die sechziger Jahre hinein schuf. Viel Zufall steckt in der lebendigen, oft zerfurchten Materialität dieser Ziegen, Heuschrecken oder Tintenfische aus Bronze. Von der Auseinandersetzung mit dem ägyptischen Totenkult zeugen Croissants Ganzfiguren. Obeliskengleich ragen sie auf, hermetisch gegen den Umraum verschlossen. Oder sie sind flach zu Boden gedrückte Liegende, manchmal engverschnürt. Typisch für Croissant, dass sich Gliedmaßen nicht einmal abzeichnen. Den Weg der Reduktion ging Croissant Schritt für Schritt auch mit seinen Kopf-Skulpturen. Zu sehen sind ein expressiver Riesenschädel von 1964 und ein antikisierender „Liegender Helmkopf“ (Terrakotta, 1970) mit Bruchkanten wie ein zerschlagenes Gefäß. In den späten Siebzigern beginnt Michael Croissant, Volumina aus verschweißten Eisen- und Bronzeplatten zusammenzufügen, nun herrschen kaum gegliederte, glattpolierte Flächen vor. Die späten Köpfe stoßen entweder scharf keilförmig in den Raum oder sind zu quaderhaften Blöcken reduziert, ohne leer zu wirken – eine exemplarische Kunst des Weglassens.

Jens Hinrichsen

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