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Nach Einsturz: Drei Viertel der Handschriften in Köln geborgen

Sechs Wochen nach dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs sind 75 Prozent der mittelalterlichen Handschriften geborgen. Das gab der stellvertretende Leiter des Archivs, Ulrich Fischer, in einer Zwischenbilanz in Köln bekannt. Die Handschriften gehören zu den größten Schätzen des Archivs; Köln war im Hochmittelalter die größte Stadt Deutschlands.

Der Zustand der Dokumente sei ganz unterschiedlich, sagte Fischer. „Manche Handschriften sind halbiert, oft fehlen die Einbände.“ Unter den geborgenen Stücken sind auch die besonders wertvollen Verbundbriefe von 1396. Dabei handelt es sich um eine Art Verfassung der Stadt Köln, die 400 Jahre gültig blieb. Die Siegel, die unten an den Briefen hingen, sind jedoch fast alle zerstört. Von den Urkunden konnten 90 Prozent unbeschadet geborgen werden, weil sie in Kellern und Anbauten lagerten. „Für mich persönlich war es ein großer Moment, als die ersten Ratsprotokolle rausgeholt wurden“, sagte Fischer. Als das Archiv noch stand, konnte man sich vor eine Wand stellen und hatte die gesamten Ratsprotokolle der Stadt Köln vom 14. Jahrhundert bis zur Franzosenzeit um 1800 vor sich. „Ich habe immer noch diesen Albtraum. Ich sehe die vollständige Wand und denke: Was fehlt davon?“, erzählte Fischer.

Der Schaden sei in jedem Fall unermesslich. „Die Schäden werden auch nicht spurlos beseitigt werden können. Unsere Stücke werden die Narben dieses 3. März tragen.“ Je weiter unten im Gebäude die Sachen gelegen hätten, desto größer sei das Ausmaß der Zerstörung. „Aber wir erleben eben auch immer wieder Wunder, so wie vorgestern mit der Nobelpreisurkunde von Heinrich Böll.“ Aus ganz Europa, ja bis aus Australien kämen Archivare, um die Kölner zu unterstützen. Die Hilfsbereitschaft sei überwältigend und „einfach traumhaft“, sagte Fischer. Auf die Frage, wie lange man für die Restaurierungsarbeiten brauchen werde, sagte der 38-Jährige: „Ich habe ungefähr noch 30 Jahre im Dienst, und ich hoffe, dass ich am Ende sagen kann: Wir sind auf einem guten Weg.“ dpa

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