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Bogdan Bogdanovic neben einem Foto seiner „Steinernen Blume“.

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Nachruf: Bogdan Bogdanovic: Der Querdenker

Er war nie nur Architekt, sondern auch Philosoph, Bildhauer, Autor, Zeichner und Mythologe: Zum Tod des serbischen Architekten und Schriftstellers Bogdan Bogdanovic.

Vier gigantische Blütenblätter aus Beton ragen in den Himmel von Jasenovac. Hier, rund 100 Kilometer südöstlich von Zagreb, befand sich während des Zweiten Weltkrieges das größte Konzentrationslager Südosteuropas, das „Auschwitz des Balkans“. An die Opfer des Ustascha-Regimes erinnert seit 1966 die von Bogdan Bogdanovic entworfene „Steinerne Blume“. Es ist das wohl bekannteste Denkmal des 1922 in Belgrad geborenen Architekten, der bei den jugoslawischen Partisanen gekämpft hatte, und der bis in die achtziger Jahre noch 20 weitere Denkmäler und Gedenkstätten gegen Faschismus und Militarismus entwarf. Der bekennende Atheist verzichtete dabei stets auf ideologische, religiöse oder pathetische Inszenierungen. Das brachte ihm auch internationale Beachtung.

Ab 1964 arbeitete Bogdanovic als Architekturprofessor an der Belgrader Universität, 1970 wurde er Dekan. Zwischen 1964 und 1968 war er Präsident des Jugoslawischen Architektenverbandes. Was ihn jedoch zeitlebens am stärksten auszeichnete waren sein freier Geist und sein Querdenkertum. Er war nie nur Architekt, sondern auch Philosoph, Bildhauer, Autor, Zeichner und Mythologe. Sein visionären Ideen setzte er 1976 in einer leer stehenden Dorfschule in Mali Popovic um, wo er eine alternative Architekturschule gründete und seine surrealistisch geprägte „Philosophie der Architektur“ unterrichtete.

Von 1982 bis 1986 war Bogdanovic Bürgermeister von Belgrad, was er später einmal als „reinen Zufall“ bezeichnete. Schließlich war er, nach eigener Einschätzung, ein „schlechter Kommunist“, aber immer ein überzeugter Linker. Als solcher schrieb er 1987 einen berühmten 60-seitigen Brief an Slobodan Milosevic und an das Zentralkomitee der KP, in dem er den Nationalismus und Militarismus des Regimes anprangerte. Es folgte eine massive Diffamierungenskampagne inklusive Lynchaufrufen gegen den „Vaterlandsverräter“. Sein Haus wurde beschmiert, die Dorfschule verwüstet. Bogdanovic zog sich erst in die innere Emigration zurück, bevor er drei Jahre später zusammen mit seiner Frau dem zerfallenden Jugoslawien den Rücken kehrte. Sie gingen erst nach Paris, dann holte der Schriftsteller Milo Dor sie nach Wien.

Hier setzte er seine Karriere als Autor fort. Er schrieb brillante Essays zum Thema Stadtarchitektur. Auf Deutsch erschienen im Wiener Zsolnay Verlag unter anderem „Die Stadt und der Tod“ (1993) und „Vom Glück in den Städten“ (2002). Unter dem Titel „Der verdammte Baumeister“ veröffentlichte er 1997 seine Erinnerungen. Zuletzt erschien vor drei Jahren „Die grüne Schachtel. Buch der Träume“, eine Sammlung von Notizen und Briefen an sich selbst. Im vergangenen Jahr widmete das Architekturzentrum Wien – eine überfällige Ehrung – Bogdanovic die erste umfangreichen Ausstellung seiner Arbeiten.

Am vergangenen Freitag ist Bogdan Bogdanovic im Alter von 87 Jahren in einem Wiener Krankenhaus gestorben.

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