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Brennen für die Kunst. Jean-Christophe Amann.

© picture alliance / dpa

Nachruf Jean-Christophe Ammann: Bild und Idee

Zum Tod des Kurators Jean-Christophe Ammann, eines der wichtigsten Köpfe in der zeitgenössischen Kunstszene.

Wer je Jean-Christophe Ammann über einen Künstler hat sprechen hören, der erlebte einen Kunstenthusiasten par excellence. Das rollende R seines Schwyzerdütsch schien für seine lustvolle Emphase geradezu gemacht. Leidenschaftlich verknüpfte der gebürtige Berliner, der im Schweizerischen Fribourg aufgewachsen war, Bilder und Ideen, fand Verbindungen, wo niemand sie vermutet hätte, arbeitete auf diesen Pfaden auch die erotischen Komponenten heraus. Ammann brannte für die Kunst.

Das Engagement mag er sich bei Harald Szeemann abgeschaut haben, dessen Mitarbeiter er an der Kunsthalle Bern von 1967 bis 1968 war. Das Temperament aber brachte der Kunsthistoriker selber mit, der zwischen 1968 und 1977 das Luzerner Museum leitete. 1972 trat er noch einmal an die Seite des Charismatikers Szeemann und entwickelte mit ihm zusammen die fünfte Documenta, die als eine der bedeutendsten gilt. Ab 1978 bis 1988 übernahm Ammann die Leitung der Kunsthalle Basel, um dann als Gründungsdirektor des Museums für moderne Kunst (MMK) nach Frankfurt an Main zu wechseln. Dem deutschen Publikum wurde er hier zu einem der wichtigsten Köpfe für zeitgenössische Kunst in der Republik.

1991 eröffnete der Schweizer Tausendsassa das Frankfurter „Tortenstück“, einen Entwurf des Wiener Architekten Hans Hollein, wo er die neue Ausstellungsform des „Szenenwechsels“ entwickelte, bei dem halbjährlich der Bestand neu geordnet wurde. Den Frankfurtern bescherte er damit ein höchst lebendiges Museum. In immer wieder neuen Konstellationen lernten sie die wichtigsten Positionen der Gegenwartskunst kennen.

Um sein Budget aufzubessern, wagte der Museumsmann auch neue Wege, ließ Karl Lagerfeld eine Modeschau machen, was damals noch als Sakrileg galt und heute gang und gäbe ist. Mit seinem ungeheuren Engagement gelang es Ammann zahlreiche Kollektionen ans MMK zu holen, darunter auch die Sammlung Bock, die nach wenigen Jahren mit Aplomb das Haus wieder verließ, um im Wert gesteigert auf den Markt geworfen zu werden. Für Ammann eine bittere Erfahrung, für die Museumswelt eine wichtige Lehre. 2001 zog er sich von seinem Amt zurück, um wieder als freier Kurator zu arbeiten. Am 13. September ist Jean-Christophe Ammann mit 76 Jahren nach langer Krankheit in Frankfurt gestorben.

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