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"Hofmanns Erwerbungen" hieß eine Ausstellung, mit der der ehemalige Direktor der Hamburger Kunsthalle zu seinem 80. Geburtstag mit einer Ausstellung gewürdigt wurde. Sie präsentierte über 60 Werke, die in seiner Amtszeit von 1969 -1991angekauft wurden.

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Nachruf: Kunst war für ihn das Paradies auf Erden

Er prägte die Museumsszene in Wien und in Hamburg und war einer der produktivsten seiner Zunft: Zum Tod des Kunsthistorikers Werner Hofmann.

Seine runden Geburtstage boten niemals nur Anlass zum Rückblick, sondern waren immer auch Ausblick auf Kommendes. Werner Hofmann war einer der Produktivsten unter den deutschen Kunsthistorikern deutscher Sprache – war, wie die Museumswelt mit Bestürzung erfahren musste, denn gestern ist der gebürtige Wiener 84-jährig in Hamburg verstorben. Nichts hatte auf eine Erkrankung hingedeutet.

Werner Hofmann hat die Museumsszene in zwei Städten geprägt, in seiner Vaterstadt Wien und in seiner Wahlheimat Hamburg. Nach einem Studium in Wien und Paris und einer ersten Anstellung in der Grafischen Sammlung Albertina eröffnete er  1962 das Museum des 20. Jahrhunderts im Schweizergarten, dessen ursprünglich für die Brüsseler Weltausstellung von 1958 geschaffener, demontierbarer Stahl-Glas-Pavillon erst im vergangen Jahr nach langer Vernachlässigung wiederhergestellt wurde. Damit und mit der zugehörigen, von Hofmann in kurzer Zeit aufgebauten Sammlung gelangte Wien endlich wieder auf die Landkarte der Gegenwartskunst. In Hamburg, wo er von 1969 bis 1990 das Kunsthalle genannte städtische Museum leitete, machte er mit seiner Ausstellungsreihe „Kunst um 1800“ Furore. Deren sensationell erfolgreicher Auftakt 1974 rief Caspar David Friedrich ins öffentliche Bewusstsein zurück, die Folgeveranstaltungen machten die Besucher mit dem gesamten Spektrum der europäischen Epoche der Romantik bekannt.

Stets war bei Hofmann das Ausstellen eng mit Forschung verknüpft. Jeder seiner Kataloge wurde ein Meilenstein der kunsthistorischen Forschung, und als er die Bürde des Museumsamtes los war, legte er erst recht los und veröffentlichte Buch um Buch zu ungelösten Problemen seines Faches. „Das entzweite Jahrhundert“ hieß seine magistrale Studie über die Kunst zwischen 1750 und 1830, die die Summe aus den vorangegangen Ausstellungen der Kunsthalle zog. Damit war ein Bogen geschlagen zu seinem sensationellen Erstling, dem 1960 erschienenen Buch über „Motive und Ideen des 19. Jahrhunderts“, dessen Haupttitel „Das irdische Paradies“ geradezu zum geflügelten Begriff wurde. Kunst war für Hofmann immer Bedeutungsträger, sei diese intentional vom Künstler angelegt oder dem Werk aus den gesellschaftlichen Verhältnissen zugewachsen.

Auf diesem gesicherten Fundament konnte Hofmann dann „Die Moderne im Rückspiegel“ betrachten, wie sein Buch von 1998 hieß, mit dem er erneut die etablierte Ansicht über den Gang der Kunstentwicklung zur Diskussion stellte. Umfangreiche Monografien zu Degas, C.D. Friedrich und Goya folgten, zuletzt noch ein knappes, geistvolles Büchlein über „Das Atelier. Courbets Jahrhundertbild“, diesem Riesenrätsel, das Hofmann zeitlebens beschäftigt hat. Das mehrfache Akademitglied Hofmann, wienerisch-verbindlich im Tonfall, französisch in der Clarté seiner Gedanken, deutsch – wenn man so will – in der unbedingten Disziplin seiner Arbeit, hinterlässt eine Lücke, die zu schließen niemand in Sicht ist.

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