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Kultur: Nahost: Alle gegen einen

Die jahrzehntelang politisch hochmotivierten, im letzten Jahr aber fatalistisch-apathischen Israelis beginnen wieder auf die Straße zu gehen. Zwar ist die außerparlamentarische Opposition noch weit von Großkundgebungen entfernt, doch auch ihre "Gegner", die fanatischen Siedler, bekamen am Mittwochabend nur ganze 1000 Protestler vor Scharons Haus zusammen.

Die jahrzehntelang politisch hochmotivierten, im letzten Jahr aber fatalistisch-apathischen Israelis beginnen wieder auf die Straße zu gehen. Zwar ist die außerparlamentarische Opposition noch weit von Großkundgebungen entfernt, doch auch ihre "Gegner", die fanatischen Siedler, bekamen am Mittwochabend nur ganze 1000 Protestler vor Scharons Haus zusammen. Die aber machten klar, was sie von ihrem Patron halten: "Der eingeschlafene Scharon", "der enttäuschende Scharon", "der Angsthase Scharon" und sogar: "Auch Scharon kann gestürzt werden".

Nicht nur für diese Siedler-Fanatiker, auch für einen immer größer werdenden Teil seiner eigenen Regierung steht fest, wie vorgegangen werden muss, um "nicht die Macht zu verlieren": Wiederbesetzung der palästinensisch-autonomen A-Sektor-Gebiete, Einsammlung aller in palästinensischen Händen befindlichen Waffen, Untergrabung der Autorität Arafats, Vertreibung von Arafat ins Exil, Rücknahme der zugesicherten Anerkennung eines Staates Palästina. Für keine einzige dieser Forderungen findet sich allerdings eine absolute Mehrheit in der Bevölkerung.

Wacht Arafat nicht auf, wie die Siedlersprecher an der Kundgebung und die Rechtsaußen-Minister in der Regierung in Worten fordern, so drohen sie mit "einem politischen Erdbeben". Oder mit Racheakten von jüdischen Terrorgruppen - sagen die Siedler. Dieses innenpolitische Erdbeben hat einen Namen: Benjamin Netanjahu, der vielen als schlechtester Regierungschef aller Zeiten gilt - heute nationalistischer Lautsprecher, Weltklasse-Demagoge, Scharon-Intimfeind.

"Netanjahu arbeitet an Scharons Absetzung" titelte die Zeitung "Maariv" in ihrem letzten Wochenend-Magazin und lieferte gleich die Zahlen mit, welche Scharon das Fürchten lehrten. Zwar liegt er einen Prozentpunkt (35:34) vor Netanjahu bei der Frage nach dem bevorzugten Likud-Kandidaten für das Amt des Regierungschefs, doch wenn die rechten Wähler nach dem besten Regierungschef gefragt werden, dann votieren 43 Prozent für Netanjahu, nur 39 Prozent für Scharon. Netanjahu ist derzeit die einzige Alternative zu Scharon, denn links von beiden herrscht eine Personal-Wüste. Die Arbeitspartei schaufelt sich mit ihrer anhaltenden Regierungsbeteiligung selbst das Grab, ihr neuer Chef, Verteidigungsminister Ben-Eliezer, ist ein Außenseiter, Außenminister Schimon Peres hat es mit seiner Kooperation mit Scharon geschafft, seinem Ruf, er sei unglaubwürdig, endlich gerecht zu werden. Und die eigentliche Linke, also Meretz und die außerparlamentarische Friedensbewegung, sind noch zu schwach.

cal

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