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Kultur: Naturergüsse

Frankreich zu Gast im Konzerthaus

Neben dem deutschen Bundesjungendorchester, das auch in diesem Jahr das Abschlusskonzert des Europäischen Musiksommers Berlin bestreiten wird, sind die Franzosen das einzige nationale Jugendensemble, das ganz auf fremdländisches Repertoire verzichtet. Man bleibt auf dem Podium also gewissermaßen unter sich: Mit Ravel, Messiaen und Roussel stellte das Orchèstre du Conservatoire de Lyon denn auch gleich die neben Debussy, Satie, Magnard und Boulez herausragendsten Vertreter französischer Sinfonik des 20. Jahrhunderts vor.

Maurice Ravels um 1908 entstandene „Rapsodie espagnole“ zählt mit ihren hinreißenden Tanzsätzen und ihrem unerhörten Frabenreichtum zweifellos zu den Hits ihres Schöpfers. Das Orchester des Konservatoriums Lyon zeigte keine Scheu vor diesem Klischee, trug ihm mit juveniler Verve Rechnung – und trotzte so auch dem etwas trockenen Dirigat Peter Csabas.

Nicht nur Ornithologen vermögen Olivier Messiaens „Oiseaux exotiques“ für Klavier und kleines Orchester aus den Jahren 1955/56 zu entzücken. Eigentlich gibt es in diesem Tongemälde für den Solisten nur beschränkte Möglichkeiten, sich hörbar auszuzeichnen: Das Klavier stellt über weite Strecken einen integralen Bestandteil des schillernden Klanggewebes dar und gibt sich als Soloinstrument nur sporadisch zu erkennen. Gleichwohl hat man Messiaens Vögel wohl selten so plastisch und luzide zwitschern und schreien und kreischen gehört wie unter den Händen des smarten Wilhelm Latchumias. Ein Naturgenuss mitten im Konzerthaus – eingelöst von einem sehr reif wirkenden, jugendlichen Klangkörper.

Schließlich der hierzulande bis heute unterrepräsentierte, bedeutende französische Komponist Albert Roussel. Man kennt ihn, vielleicht, als Schöpfer von vier großen, durchaus beeindruckenden Symphonien. Die Gäste aus Lyon freilich brachten seine beiden 1930 entstandenen, großflächig angelegten Ballettsuiten „Bacchus et Ariane“ zu Gehör. Mit seiner Interpretation gab das Orchester zugleich einen versteckten Wink an die Berliner Musiktheater: Das möchte man wahrlich einmal getanzt sehen! Ein wahres Bacchanal an Klängen und Musizierlust! Wohl verdienter, frenetischer Applaus. Friedemann Kluge

Heute abend, Konzerthaus 20 Uhr: Spanien.

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